Rot-Grün will Gellersen von der Samtgemeinde zur Einheitsgemeinde umwandeln. Das spart Geld und Verwaltungsaufwand.

Reppenstedt. Die mögliche Fusion der Samtgemeinde Gellersen mit den Nachbarn in Amelinghausen und Ilmenau ist vom Tisch. Die Idee, über die kommunale Zusammenarbeit zu einem Zusammenschluss der drei Samtgemeinden zu kommen, ist gescheitert. Stattdessen strebt die neue rot-grüne Mehrheit im Samtgemeinderat Gellersen nun den Erhalt der Kommune als eine Einheitsgemeinde an, um einer möglichen Zerschlagung vorzubeugen. "Eine Verschmelzung der Samtgemeinde Gellersen mit den Samtgemeinden Amelinghausen und/oder Ilmenau zu einer großen Samtgemeinde kommt daher nicht in Betracht. Wir werden interkommunale Kooperationen mit den Nachbargemeinden und der Hansestadt Lüneburg einzelfallbezogen anstreben", heißt es im Gruppenvertrag.

"Nachdem die Räte der drei großen Gemeinden in der Ilmenau, Melbeck, Deutsch Evern und Embsen, sich im vergangenen Jahr gegen die Fusion ausgesprochen hatten, musste ein Schlussstrich gezogen werden, weil der Zusammenschluss nicht mehr möglich war", sagt Gellersens Bürgermeister Josef Röttgers (parteilos). Er hatte gemeinsam mit seinen Bürgermeisterkollegen Helmut Völker (Amelinghausen) und Jürgen Stebani (Ilmenau) die Fusionsbestrebungen angeschoben. Seit Dezember 2009 bündeln die drei Verwaltungen ihre Kräfte. Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) heißt das Projekt, in dem ein Großteil der Kernverwaltung zusammenarbeitet: unter anderem Standesämter, Buchhaltung und Steuerwesen. Doch es stellte sich heraus, dass die IKZ an Grenzen stößt. Daher sollte eine Fusion in die Wege geleitet werden. Doch nicht alle Gemeinderäte spielten mit und lehnten einen Zusammenschluss ab.

Der Trend gehe ohnehin zur Einheitsgemeinde, sagt Hinrich Bonin, SPD-Fraktionsvorsitzender im Samtgemeinderat Gellersen. "Im Gegensatz zur Samtgemeinde ist sie der modernere Typ." Samtgemeinden wurden Anfang der 1970er-Jahre in Niedersachsen bei der bislang letzten Gebiets- und Verwaltungsreform als Gemeindeverband zugelassen, der für seine Mitgliedsgemeinden die Verwaltungsgeschäfte führt. Ein Großteil der niedersächsischen Gemeinden hat sich zu Samtgemeinden zusammengeschlossen - wie auch die Orte Reppenstedt, Kirch-, Süder- und Westergellersen zur Samtgemeinde Gellersen mit zurzeit rund 13 000 Einwohnern. Der Gesetzgeber wollte damals kleineren Gemeinden die Möglichkeit geben, ihre Eigenständigkeit zu stärken.

"Nach 40 Jahren ist es dringend erforderlich, die eigene Organisation zu überprüfen. Die Samtgemeinde war nur als Übergang gedacht und hat sich inzwischen überlebt", sagt Jürgen Backhaus, Fraktionsvorsitzender der Grünen und Bürgermeister in Reppenstedt. Kleinere Orte hätten nicht die eigene Identität eingebüßt, nur weil sie andere Ortsschilder bekommen haben, so Backhaus. Das gelte in Gellersen für Dachtmissen, das seit der Gebiets- und Verwaltungsreform zu Reppenstedt gehört, und Heiligenthal, einst selbstständig, aber seit Anfang der 1970er-Jahre ein Ortsteil von Südergellersen.

Bonin sagt, es sei nun endgültig Schluss mit den Fantasien über eine große Samtgemeinde, mit all ihren kleinen Fürsten in den Dörfern. "Als Einheitsgemeinde können wir 100 000 Euro jährlich sparen, weil die Verwaltung effektiver wird. Das ist eine Menge Holz für Gellersen", so Bonin. Backhaus glaubt, dass die Summe sogar noch höher ausfallen könne. "Wenn es punktuelle Zusammenarbeit mit den Nachbarn gibt, zum Beispiel ein eigener Bauhof ins Leben gerufen wird. Es lohnt sich."

Auch Bonin hat keine Berührungsängste. "Mit Bardowick werden wir darüber reden, wie wir die Situation für Pendler, die vom Bardowicker Bahnhof nach Hamburg fahren, verbessern können", so der SPD-Fraktionschef. Schließlich seien es viele Bürger aus Gellersen, die von Bardowick aus mit dem Zug nach Hamburg zur Arbeit pendeln und Parkplätze für ihre Autos am Bahnhof benötigen. Erst unlängst hatte die Bardowicker Bürgermeisterin Eva Köhler (SPD) gegenüber dem Abendblatt gesagt, die kürzlich errichteten neuen Parkplätze reichten schon jetzt nicht mehr aus, Fahrzeuge würden zum Ärger der Anwohner in Seitenstraßen abgestellt. Bonin: "Wir werden gemeinsam einen Weg finden."

So wie auch eine Lösung gemeinsam mit Lüneburg gefunden wurde, um den Radweg zwischen Reppenstedt und der Stadt im Winter in Schuss zu halten. "Weil der Radweg zum Schulzentrum Oedeme führt, und von vielen Gellerser Schülern benutzt wird, haben wir den Winterdienst übernommen."

In einer Einheitsgemeinde würden politische Entscheidungen schneller fallen, sagt Röttgers. Denn ihm zufolge würde die Zahl der Mandatsträger von jetzt 85 auf dann 30 sinken, weil es nur noch einen Rat und nicht mehr fünf Räte gäbe. Aus Sicht von Jürgen Backhaus sei das kein Problem, die Demokratie würde nicht leiden.

"Wäre Gellersen eine Einheitsgemeinde, gäbe es auch nur noch einen Etat statt fünf Haushalte, könnte die Bauleitplanung zügiger vorangehen, weil dann nicht mehr die Samtgemeinde für die Flächennutzungsplanung und die Mitgliedsgemeinden für die Bebauungspläne zuständig wären", gibt Röttgers Beispiele für eine schlankere und schneller arbeitende Verwaltung. Überdies sei Gellersen schon jetzt so weit, dass die Kinderbetreuung in nur einer Hand liege - wie in einer Einheitsgemeinde üblich. Die Samtgemeinde ist ihm zufolge zuständig für die Krippen, Kindergärten und Grundschulen.

Dennoch gebe es sehr viele Merkwürdigkeiten in einer Samtgemeinde, die den Bürgern nur schwer zu vermitteln sind, so Backhaus. "Zum Beispiel, dass ich Bürgermeister von Reppenstedt bin, aber gleichzeitig auch stellvertretender Bürgermeister der Samtgemeinde."

Trotz aller Kritik an dem System Samtgemeinde ist es Röttgers, Bonin und Backhaus auch klar, dass sie Befürworter hat und der Wechsel zu einer Einheitsgemeinde auch auf Widerstand stößt. "Wir werden die Vor- und Nachteile einer Umwandlung der Samtgemeinde Gellersen in eine Einheitsgemeinde zusammen mit den Bürgern intensiv erörtern. Dabei werden der Diskussionsprozess und die Ermittlung von Fakten durch externen Sachverstand unterstützt", heißt es im rot-grünen Gruppenvertrag.

Denn eines dürfe nicht passieren: "Dass die Einheitsgemeinde an Emotionen scheitert, wie etwa die Fusion von Bleckede, Dahlenburg und Amt Neuhaus im Ostkreis", so Backhaus. Bonin und Röttgers sind sich darin einig, dass die Landesregierung früher oder später ohnehin eine neue Verwaltungs- und Gebietsreform verordnen wird. "Und darauf müssen wir vorbereitet sein", sagt der Samtgemeindebürgermeister.