Am Freitag feiert der Oberbürgermeister seinen 60. Geburtstag. Zentrum seiner Politik seien die Menschen, sagt er

Lüneburg. Seinen Sechzigsten feiert Ulrich Mädge im großen Stil: 300 Gratulanten werden den Lüneburger Oberbürgermeister am Freitag hochleben lassen, werden Reden halten und dem Verwaltungschef im Kulturforum zuprosten. Dabei ist dem Jubilar der Rummel um seine Person eigentlich unangenehm. "Ich bin kein Freund von großen Festen, würde viel lieber im kleinen Kreis zu Hause feiern", gesteht Mädge mit heiserer Stimme - schuld ist eine Erkältung, die er auf "den Wetterwechsel" zurückführt.

Trotzdem ist er am Wochenende wieder einmal von Termin zu Termin geeilt: Umweltmesse, Ortstermin bei der Feuerwehr in Rettmer, Treffen der Theaterfreunde. Und trotzdem sitzt er am frühen Montagmorgen wieder in seinem Amtszimmer im Rathaus, die Ärmel des hellblauen Hemdes voller Tatendrang hochgekrempelt. "Ich wollte immer etwas gestalten, früher ebenso wie heute", sagt der Mann, der seit 1991 die Geschicke der Stadt lenkt. Dieser "Gestaltungswille" liege ihm im Blut - schließlich komme er aus einer Handwerkerfamilie, lernte den Beruf des Elektroinstallateurs.

Dass er einmal eine Karriere in der Politik machen würde, habe er selbst nicht vermutet, als er 1970 als Zeitsoldat nach Lüneburg kam. "Eigentlich wollte ich Elektrotechnik studieren und beinahe wäre ich sogar Berufssoldat geworden", erinnert sich Mädge. Doch es kam anders. Bei der Wahl 1991 erlangen SPD und Grüne die Mehrheit im Rat der Stadt - Mädge (SPD) wird ehrenamtlicher Oberbürgermeister. Im September 1996 gewinnt der Diplom-Verwaltungswirt die erste Oberbürgermeister-Direktwahl. Seither steht er hauptamtlich an der Verwaltungsspitze.

"Meine Linie ist, gemeinsam mit den Menschen, die hier leben, die Stadt zu gestalten", sagt Mädge. Seine Welt, seine Basis, wie er es nennt, das sind die Vereine, die Kirchengemeinden, die Menschen, die er auf dem Weg zur Arbeit im Bus oder auf der Straße trifft. Dieses "auf Menschen zugehen" habe er im Laufe seiner Amtszeit erst lernen müssen. Heute aber erkennt Ulrich Mädge darin eine seiner Stärken. Eine weitere: "Meine Durchsetzungsfähigkeit." Seine Ziele wolle er stets erreichen - und dabei beweist Ulrich Mädge das nötige Durchhaltevermögen.

Der Verwaltungschef ist ein Arbeitstier: 70 bis 80 Stunden arbeitet er nach eigener Schätzung an sechs, meistens sieben Tagen in der Woche. Viel Zeit für seine Frau Carola und die beiden inzwischen erwachsenen Söhne Christoph und Clemens bleibt da nicht. Seine wenige Freizeit verbringt der bekennende Katholik am liebsten "in der Natur oder mit Freunden beim Italiener". Er lebe privat eher zurückgezogen, genieße die ruhigen Stunden in seinem Haus in Kaltenmoor. Zu seinen Hobbys zählt er Radfahren und Wandern. Ein Ausgleich, den er heute mehr denn je brauche.

"Die Politik ist härter geworden", sagt Mädge. Die Parlamentarisierung des Rates mache es schwieriger, Dinge voranzutreiben. Hinzu kämen Verteilungskämpfe um die durch die Finanz- und Wirtschaftskrise knapper werdenden Ressourcen der Kommune. Zwar zehre Lüneburg noch heute von den Grundlagen, die der Rat zu Beginn seiner Amtszeit gelegt habe. Dazu zähle die Universität, der Ausbau des Bahnhofs und die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr nach Hamburg sowie die attraktive Innenstadt und die Investitionen in Schulen und Kitas.

Trotzdem sagt der "Gestalter" Mädge: "Ich bin überzeugt, dass wir die Stadt immer wieder umbauen und neu positionieren müssen." Das sei ganz so, wie in jedem anderen modernen Unternehmen auch. Derzeit habe er noch genug mit den Maßnahmen zu tun, die der Rat im vergangenen Jahr beschlossen habe. Die Neugestaltung der Museumslandschaft, die Sanierung von Kitas und Schulen und der Bahnhofsumbau. Doch auch für die Zukunft hat der noch 59-Jährige schon einige Ideen: "Wir müssen viel in die Innenstadtentwicklung investieren, den Hafen und die Gewerbegebiete umgestalten."

Eine weitere politischen Herausforderung der nächsten Jahren wird laut Mädge sein, mehr Solidarität in der Gesellschaft zu verankern. "Wollen wir den Standard beibehalten, den wir haben, müssen alle zu dessen Finanzierung beitragen." Diejenigen, die mehr verdienen, seien stärker zu beteiligen. Trotzdem kämen auf alle Bürger Kosten zu, sagt Mädge. Und betont, es bringe nichts, den Bürgern Versprechen zu geben, die nicht einzuhalten seien.

Gerade deshalb ärgert sich Mädge über die aktuelle Bundespolitik von CDU und FDP. Erst habe Guido Westerwelle (FDP) mehr Netto vom Brutto versprochen. Und jetzt setze er den Rotstift an: "So kann man nicht mit Menschen umgehen", sagt Mädge, der Verlässlichkeit zu seinen Tugenden zählt.

Und Verlass ist auf den Verwaltungschef auch in der nächsten Wahlperiode: "Wenn meine Partei mich noch einmal aufstellt, kandiere ich 2014 noch einmal." Es gäbe noch viel zu tun. "Und wenn ich noch ein paar Jahre mitgestalten kann, freue ich mich", sagt Mädge, dem ein Blick auf die Armbanduhr mit Lüneburgwappen zeigt: Es ist schon wieder Zeit für den nächsten Termin.