In der Sekundarstufe der Haupt- und Realschule am Katzenberg lernen Kinder mit und ohne Handicap.

Adendorf. Die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen ist immer noch Thema im deutschen Alltag wie auch im Schulsystem. Von 37 Grundschulen im Landkreis Lüneburg arbeiten 15 mit regionalen Förderschulen zusammen. Eine auf den ersten Blick beachtliche Anzahl. Doch den Sozialdemokraten im Lüneburger Kreistag reicht das nicht. Fraktionschef Franz-Josef Kamp: "Die Integration und Inklusion von Kindern mit Handicaps gilt es zu optimieren."

Die Förderung der integrativen Beschulung im Landkreis liegt der SPD am Herzen. "Dafür ist ein flächendeckendes regionales Integrationskonzept aufzubauen", fordert Kamp in einem Antrag zur Sitzung des Schulausschusses im Juni. Damit gemeint ist das Lernen unter einem Dach - die Integration von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf, also Behinderungen, in einer Schule. Eine in diesem Sinne vorbildlich wirkende Schule im Landkreis ist die Haupt- und Realschule in Adendorf. Die erste Integrationsklasse eröffnete sie 1999. Seitdem steht Schulleiter Martin Peters die Förderschullehrerin Simone Vollmann zur Seite. "Sie begleitet die lernbehinderten Kinder und gewährleistet damit der zuständigen Fachlehrerin ein reibungsloses Unterrichten", sagt Peters.

In der Schule werden verschiedene Modelle der Integration angewandt. So wird in einer Realschulklasse ein sehgeschädigtes Kind mit Hilfe eines besonderen Lesegeräts unterrichtet. In einer Integrationsklasse lernen drei geistig behinderte Kinder mit einem relativ hohen Förderbedarf gemeinsam mit nicht behinderten Schülern.

Darüber hinaus besteht eine Kooperation zwischen der Adendorfer Schule und der Förderschule Am Knieberg. Die Lüneburger Schule mit dem Schwerpunkt Geistige Beeinträchtigung hat eine sechste Klasse an den Katzenberg abgeordnet. Gemeinsame Unterrichtsstunden mit der Adendorfer Parallelklasse erleben die Knieberger Sechstklässler in Sport, Kunst, Werken und Musik. Gelegentlich erarbeiten die Schüler Referate in Erdkunde und Geschichte und tragen sie gegenseitig vor. "Die Linie stimmt", bestätigt Schulleiter Peters. "Unserer Schule ist ein Übungsfeld für das Leben in einer Gesellschaft, die sich am Menschen orientiert und dessen Würde respektiert." Förderschullehrerin Vollmann fügt hinzu: "Jedes Kind ist eine Herausforderung, der man gerecht werden kann, wenn man dafür offen ist."

Die angestrebte Steigerung der Integration ist die Inklusion: Gemeint ist das dauerhaft gemeinsame Unterrichten von nicht behinderten und behinderten Kindern in einer regulären Klasse. Die Inklusion will nicht die Kinder den Bedingungen der Schule anpassen. Sie will die Rahmenbedingungen an den Bedürfnissen und Besonderheiten der Schüler ausrichten. Letztlich ist ihr Ziel die Auflösung der Förderschule. Dies fordert die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Handicaps. Und obwohl die Konvention von der Bundesrepublik unterschrieben und 2009 in Kraft getreten ist, habe sich an der Situation in Deutschland nicht viel verändert, sagt der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung Vernor Munoz.

Franz-Josef Kamp berichtet von einer Förderschule in Lüchow, die einen Großteil ihrer Schüler in allgemein bildenden Schulen untergebracht hat. Gefolgt sind die Pädagogen, so dass von einst zehn Förderklassen nur noch zwei bestehen. Der Weg sei auch für die Förderschulen nicht leicht, weiß Kamp. "Viele haben Angst und betrachten sie als Schonraum."