Noch kämpft das Studienmodell der Uni Lüneburg mit vielen Kinderkrankheiten. Wird das Examen überall anerkannt?

Lüneburg. Das Studienmodell der Lüneburger Leuphana Universität steht vor seiner ersten Feuerprobe: Rund 1100 Studierende werden am Ende des kommenden Sommersemesters ihre Bachelor-Abschlüsse in Händen halten - als erster Absolventenjahrgang des von Leuphana-Präsident Sascha Spoun entworfenen neuen Lüneburger Studienmodells.

Leuphana-Präsident Sascha Spoun, der sein Amt 2006 antrat, kann unterdessen auf die erste Hälfte seiner bis 2012 währenden Legislatur zurückblicken. Sein selbst gestecktes Ziel: Aus der unscheinbaren, frisch mit der Fachhochschule Nordostniedersachsen fusionierten und stets von Sparplänen der Landesregierung bedrohten Lüneburger Universität soll eine Modelluniversität in der deutschen Hochschullandschaft werden. Mit Erfolg: Der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft zeichnete die Leuphana im Rahmen des Wettbewerbs "Exzellenzstrategien für kleine und mittlere Hochschulen" aus.

"Drei spannende Jahre Studium liegen vor Ihnen", hatte Spoun bei der Begrüßung der damaligen Erstsemester-Studierenden im Oktober 2007 in der Lüneburger St.-Michaelis-Kirche versprochen. Sein Appell: "Bringen Sie Neugier auf das Unbekannte und Mut zum Experiment mit."

Im laufenden Wintersemester ist das College mit drei Jahrgängen erstmals voll ausgelastet: Auf die 1100 Studienanfänger des ersten Jahrgangs folgten 2008 und 2009 je rund 1200 neue Erstsemester - nach Angaben der Hochschule sind im Leuphana-College derzeit exakt 3416 Studierende eingeschrieben, dazu kommen die Studierenden in den auslaufenden Magister- und Diplom-Studiengängen sowie an der Graduate School für Masterstudenten sowie der Professional School für berufliche Weiterbildung.

"Ich hatte mich an mehreren Unis beworben und hatte die Wahl zwischen verschiedenen Orten", sagt Simon Dress, 26, der als Student der Angewandten Kulturwissenschaften zu den angehenden Absolventen zählt. "Ausschlaggebend für Lüneburg war für mich die Möglichkeit, hier ein Hauptfach mit zwei Fachgebieten als Schwerpunkt und dazu ein Nebenfach als Ergänzung zu studieren. Außerdem fand ich die Idee hinter dem Komplementärstudium reizvoll."

Das Studienmodell des Leuphana College lässt neben den Veranstaltungen der Studienfächer Raum für zusätzliche Seminare und Vorlesungen. Die Belegpunkte sind zum Bestehen des Bachelors zwingend nötig. Dress entschied sich für Lüneburg - "und gleich am ersten Tag wurde ich desillusioniert": Bei der Einführungsveranstaltung für seinen Studiengang war anstatt von zwei Fachgebieten nur noch von einem die Rede - ein Großteil der Studienanfänger musste übers Wochenende umplanen. "Dagegen", sagt Dress, "haben wir uns sofort engagiert. Unter diesen Umständen hätte ich auch anderswohin gehen können."

Noch in der Startwoche, vor Beginn der Lehrveranstaltungen, wurden Unterschriften gesammelt. Ohne Erfolg - zugestanden wurde nur ein weiteres, fachübergreifendes Modul.

Wer sich auf dem Campus umhört, erfährt von vielen Fällen, die ähnlich gelagert sind: Mehrere Studiengänge, mit denen die Leuphana noch vor zwei Jahren um Studienanfänger warb, werden abgeschafft und laufen aus (die Lüneburger Rundschau berichtete). Andere Fächer werden umbenannt - mit weitreichenden Folgen: "Ich habe mich 2007 für Lehramt Grund-/Haupt-/Realschule eingeschrieben", berichtet Katharina Jancke, 21. "Zu Beginn des zweiten Semesters erhielten wir alle die Nachricht, wir sollten uns nicht wundern, dass wir beim Erstellen unseres Stundenplans keine Veranstaltungen fänden." Der Studiengang heiße ab sofort "Lehren und Lernen" - von Lehramt, der überregional anerkannten Bezeichnung, ist keine Rede mehr. Dazu kommt: Um Lehrer zu werden, reicht der Bachelor nicht aus, jedoch ist grundsätzlich nicht für alle Bachelor-Absolventen auch ein Masterplatz vorgesehen. "Ob es andere Unis gibt, die uns mit einem "Lehren-und-Lernen"-Bachelor aufnehmen, ist noch nicht sicher", sagt Jancke. "Ich habe mich für Lüneburg entschieden, weil die Uni in der Lehrerbildung einen sehr guten Ruf hatte." Eine Alternative wäre Hamburg gewesen. "Könnte ich noch einmal entscheiden, wäre ich dorthin gegangen."

"Ich habe zwar keinen Vergleich, aber ich würde mich hier durchaus wieder einschreiben", sagt dagegen Kulturwissenschaftler Simon Dress. "Natürlich gab es Kinderkrankheiten, aber die gibt es mit der Bologna-Reform wahrscheinlich an allen Unis."

Dass der Leuphana-Bachelor als vollgültiger Abschluss anerkannt wird, ist unterdessen noch nicht verbrieft: Nach Angaben von Leuphana-Pressesprecher Henning Zühlsdorff liegt die Akkreditierung noch nicht vor. Aber: "Sie wird im Sommersemester 2010 vorliegen. Alle Vorgaben wurden bei der Studiengangsplanung berücksichtigt, wir haben es also mit einem vollgültigen Bachelor-Abschluss zu tun."