Bürgerin fordert von der Stadt Bleckede Entschädigung, weil ihr Sohn eine Wiese nicht wie geplant nutzen kann.

Lüneburg. Bagger und Raupen sind schon längst dabei, Sand und Lehm in Form zu bringen, um einen Deich für den vom Elbhochwasser ungeschützten Bleckeder Ortsteil Walmsburg aufzuschütten. Dennoch war das rund 3,4 Millionen Euro teure Neubauprojekt gestern ein Fall für die Richter der sechsten Kammer des Lüneburger Verwaltungsgerichtes.

Martina Michels mit familiären Wurzeln in Walmsburg, aber inzwischen in Oldenburg zu Hause, klagte im Namen ihres Sohnes gegen die Baugenehmigung eines Teilstückes, die der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz erteilt hatte.

Grund für die Klägerin, den juristischen Weg zu beschreiten: Die rund 2,4 Kilometer lange Trasse des Schutzwalls zerschneidet an einer Stelle ein Grundstück der Familie Michels in zwei Teile. Von einer 5800 Quadratmeter großen Wiese sollen 3200 Quadratmeter künftig verschwinden, weil diese für den Elbdeich benötigt werden.

Zum Leidwesen von Martina Michels. Denn die Fläche sei bereits verplant gewesen. Als Bauland für ihren Sohn, wenn das Kind einmal erwachsen ist. Ihr Vater hatte seinem Enkel das Stück Land geschenkt, damit der sich später ein Haus darauf bauen kann.

Die Klägerin meinte, die Familie sei mit Walmsburg fest verhaftet, seit dem 17. Jahrhundert dort ansässig. Ihren Sohn werde es auch eines Tages in den Ort ziehen.

Martina Michels räumte ein, dass das strittige Grundstück zwar bislang kein Bauland gewesen sei, doch es liege nicht mitten in der Pampa, sondern am Ortseingang von Walmsburg und sei deshalb Bauerwartungsland, habe damit einen entsprechenden Wert. Ihr Rechtsanwalt Steffen Feldhus machte klar, dass es nicht darum gehe, den Deich zu verhindern, sondern für den Verlust des eigenen Besitzes entschädigt zu werden.

Doch über die Höhe des Ausgleichs seien sich Klägerin und die Stadt Bleckede als Bauträger für den Deich nicht einig geworden, berichtete der Vorsitzende Richter Jürgen Stelter. Er drängte erfolglos darauf, dass beide Parteien einen außergerichtlichen Vergleich schließen. ,,Wenn Sie sich jetzt einigen, geht es schneller", bot Stelter an. Aber das Angebot der Stadt, 1,30 Euro für jeden der 5800 Quadratmeter zu zahlen, lehnte Michels als nicht akzeptabel ab.

Das rief Richter Henry Ludolfs auf den Plan. Er meinte: ,,Das Grundstück ist tiefster Außenbereich und liegt nicht innerorts. Es wird schwierig, dort überhaupt eine Baugenehmigung zu bekommen." Er zweifelte an, ob die Wiese Bauland sei. Fünf Euro pro Quadratmeter zu erhalten, sei ausgeschlossen, schob Stelter eine Größenordnung ein. Weiterhin stelle es sich für ihn so dar, dass die Deichtrasse auf der Fläche der Familie Michels über nicht besonders schützenswertes Grünland verlaufe. Im Gegensatz dazu, würde ein Verlauf weiter elbwärts die Kernzone des Biosphärenreservates Niedersächsische Elbtalaue beeinträchtigen.

,,Die Nägel sind da in den Balken geklopft, weil der Naturschutz vom Land in ein Gesetz gegossen wurde und weiterhin ein EU-Vogelschutzgebiet sowie ein Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet der EU berührt würden", sagt Ludolfs. Dass der Deichbau in der Kernzone an den elbnahen Bereichen von der Stadt nicht gewollt sei, der Naturschutz unberührt bleiben solle, hätte die Auswahl der jetzigen Variante aus insgesamt sieben Möglichkeiten für den Deichverlauf gezeigt, die während der Planungsphase zur Diskussion gestanden hatten, so Ludolfs.

Ein Urteil wird die Kammer erst in zwei Wochen fällen, wenn ein ähnlicher Fall verhandelt worden ist. Denn neben Martina Michels klagt ein weiterer Walmsburger gegen den Deich. Ein dritter Bürger nahm seine Klage gestern zurück.