Die Genossen im Landkreis fordern auf dem Bundesparteitag einen Kurswechsel.

Lüneburg/Reppenstedt. Für Hinrich Bonin, SPD-Kreistagsmitglied und Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Gellersen, ist es Zeit für einen Kurswechsel seiner Partei. Deshalb hat er etwas getan, was nicht alle Tage vorkommt: Im Namen seines Ortsvereins hat er einen Antrag an den Bundesparteitag der SPD formuliert, der vom 13. bis 15. November in Dresden stattfindet.

Die SPD soll der Basis mehr Rechte einräumen, heißt es. "Wir haben im Ortsverein intensiv darüber diskutiert", sagt Bonin. Es gab massive Kritik am Führungsstil in der Partei, die bei der Bundestagswahl am 28. September ein Debakel erlitt: "Wir wollen mehr Beteiligungsrechte für die Basis", so Bonin.

Der Zustand der Partei müsse sich ändern: "Unser Ortsverein hat 100 Mitglieder, aber zu unseren Versammlungen kommen manchmal nur 12 Leute. Wir müssen neue Formen der Kommunikation nutzen", meint Bonin. Immer die gleichen Gesichter, immer die gleichen Namen, das stört die Genossen an der Basis. Bisher jedoch fühlen sich die örtlichen Vereine mit ihrer Kritik von der Führungsmannschaft in Berlin nicht ausreichend wahrgenommen.

Um neue Mitglieder zu gewinnen und die Partei attraktiver zu machen, möchte Hinrich Bonin den Einfluss der Parteibasis stärken. So sollen in Zukunft die Parteimitglieder direkt über die Kandidaten der Partei entscheiden. "Wir brauchen Urwahlen. Das gilt auch, wenn Bundestags- oder Kanzlerkandidaten für die Partei gesucht werden", meint Bonin. Die Urwahl erfordert viel Aufwand: "Das geht aber. Es gibt die Briefwahl, außerdem stehen die technischen Möglichkeiten der elektronischen Wahl zur Verfügung", sagt der Kreistagsabgeordnete.

Mehr Mitwirkung statt Diktat von oben heißt das Programm der Genossen aus dem Landkreis Lüneburg. Sie wünschen sich dazu auf dem Bundesparteitag eine intensive Debatte. Ob sein Antrag in Dresden debattiert wird, weiß Bonin noch nicht. Aber er will sein Anliegen weiter verfolgen: "Wir bleiben auf jeden Fall dran am Thema."

Skeptisch gegenüber Urwahlen ist Hiltrud Lotze. Die SPD-Ratsfrau aus Lüneburg wird demnächst als Delegierte zum Parteitag nach Dresden reisen. "Es gibt in der Partei bereits Instrumentarien, um die Basis zu stärken", meint Lotze. "Und was die Urwahl anbelangt: In großen Wahlkreisen ist die Wahl durch Delegierte einfach praktischer", sagt sie. Am Thema vorbei reden will sie in Dresden aber nicht: "Wir müssen in Dresden klare Leitlinien für die Zukunft setzen."

Die Unzufriedenheit der Genossen an der Basis kennt auch Andrea Schröder-Ehlers. Die SPD-Kreisvorsitzende wird in Dresden ebenfalls dabei sein. "Wir brauchen eine andere Gesprächskultur. Den Unmut der Ortsvereine kann ich nachvollziehen. Wir haben teilweise verlernt, intensiv auf allen Ebenen zu debattieren", sagt Schröder-Ehlers.

Im Gegensatz zu Hinrich Bonin setzt sie nicht auf Urwahlen: "Das ist sehr aufwendig. Für mich zählt die direkte Kommunikation mit den Menschen." Neue Mitglieder und mehr Präsenz im Alltag will sie auf dem direkten Weg gewinnen: "Indem wir auf die Leute zugehen. Wir müssen miteinander reden."