Als wäre nichts gewesen: Die Fraktionen in Stadtrat und Kreistag folgen dem Votum der lokalen CDU-Spitze nicht.

Lüneburg. Auf einmal ist alles beim Alten. Eine Woche, nachdem der CDU-Parteivorstand seinen Fraktionen in Stadtrat und Kreistag die Beendigung der Zusammenarbeit mit der SPD empfohlen hat, haben die Fraktionen die umgekehrte Richtung eingeschlagen und sich für die Fortsetzung des gemeinsamen Wegs entschieden. Auch Parteichef Bernd Althusmann wird entgegen der vom Vorstand gewünschten Linie im Kreistag weiter mit der SPD gemeinsame Beschlüsse fassen.

"Ich kann mich einer Mehrheitsmeinung anschließen", sagt der Christdemokrat, der gleichzeitig Kreisvorsitzender der Partei und Mitglied der Fraktion im Kreistag ist. "Ich bin der Letzte, der ein demokratisches Votum nicht akzeptieren kann." Wie der Parteivorstand mit der Weigerung seiner Fraktionen umgehen wird, seiner Linie zu folgen, werde "zu beraten sein". Schon jetzt sagt Althusmann jedoch: "Das ist von Anfang an Sache der Fraktionen gewesen." Und deren Entscheidung sei zu respektieren.

Vor den Gesprächen in der Partei redet der Vorsitzende jetzt jedoch zunächst mit den Fraktionsvorsitzenden, und zwar über die "innerparteiliche Kommunikation". Denn die lief bekanntlich ziemlich schlecht am vergangenen Wochenende: Rats-Fraktionschefin Regina Baumgarten hatte niemand über den Parteivorstoß informiert.

Althusmann sieht die Aktion des Vorstands als "Warnschuss" und Reaktion auf die jüngsten "öffentlichen Angriffe" von SPD-Vertretern auf die CDU: "Das war nicht akzeptabel." Dass die Fraktionen dem Parteivorstand nicht gefolgt sind, sei dagegen "völlig in Ordnung".

Was der Vorstoß seiner Meinung nach dann noch gebracht habe? "Möglicherweise etwas Bewegung im Umgang miteinander und mehr Respekt." Die Zusammenarbeit, so Althusmann, "wirkte bisher nicht von Harmonie geprägt. Wenn jetzt zu einer sachlichen Zusammenarbeit zurückgefunden werden kann, ist das gut. Es wäre aber auch denkbar gewesen, dass man getrennte Wege geht." Nun werde man sehen, wie lange "es hält".

Bei dem Fraktionschef der SPD im Kreistag jedenfalls ist die Welt noch nicht wieder ganz in Ordnung: "Ein gewisses Misstrauen ist da", sagt Franz-Josef Kamp. Denn die SPD wisse jetzt, dass der CDU-Parteivorstand die Gruppe nicht wolle. Trotzdem sei die Atmosphäre am Sonnabend "völlig anders gewesen als Anfang der Woche". Er hatte den Eindruck, die CDU sei an konstruktiver Zusammenarbeit interessiert. "Den hatten wir am Montag nicht."

Genützt habe die ganze Aufregung rein gar nichts, findet Kamp. Die umstrittenen Projekte seien schließlich schon lange bekannt gewesen. Über die haben sich SPD und CDU am Sonnabend übrigens auch geeinigt, und alle haben grünes Licht: Luhmühlen, Museumslandschaft, Audimax - die wollten einige Christdemokraten vor wenigen Tagen noch auf dem Prüfstand wissen.

Dazu CDU-Kreisfraktionschef Alexander Blume: "Größter Dorn im Auge war der Nostalgiebahnhof Embsen." Und der ist durch die fehlende Förderung der NBank ohnehin vom Tisch. Es sei der CDU nicht darum gegangen, die übrigen Projekte scheitern zu lassen. Stattdessen habe man sich "darauf verständigt, einige Ausgaben zu strecken". Dass es bei der Haushaltsklausur Mitte November wieder zu unterschiedlichen Meinungen mit der SPD kommt, könne Blume aber nicht ausschließen.

Im Rat der Stadt hatte sich die Gruppenfortsetzung schon bei der jüngsten Sitzung am Donnerstag angedeutet, festgezurrt haben es die Fraktionen gestern Mittag: "Wir arbeiten auf der Basis unseres Gruppenvertrags weiter", berichtet die CDU-Fraktionsvorsitzende Regina Baumgarten. Begonnene Projekte wie die Museumslandschaft würden fortgeführt, die Sanierungsprojekte Kaltenmoor, Wittenberger Bahn und Wasserviertel wollen sich die Politiker noch vorstellen lassen.

Spannend wird es nun wieder bei der Entscheidung über den Lüneburg-Vertrag, der die Finanzflüsse zwischen Hansestadt und Landkreis regelt: Da kann es zum nächsten Mal zündeln zwischen SPD und CDU, zwischen Abgeordneten des Stadtrats und des Kreistags - denn da geht es um richtig viel Geld.