13 Zentimeter pro Jahr sinkt derzeit das Erdreich am Ochtmisser Kirchsteig. Der Prozess wird sich fortsetzen, er ist nicht aufzuhalten - das ist das Ergebnis der Untersuchungen, die Diplom-Geologe Thorsten Trapp den Anwohnern am Ochtmisser Kirchsteig in einer Bürgerversammlung präsentierte.

Lüneburg. "Einzelne Häuser werden unter Umständen irgendwann unbewohnbar sein. Und auch die Straße wird in ihrer Nutzung wohl eingeschränkt werden müssen", sagte Trapp.

Ursache für die Senkungen sind für den Geologen Bewegungen in der Tiefe. Der Ochtmissener Kirchsteig steht am Rand der Abbruchkante des Salzstocks, ein Gipshut und Veränderungen des Grundwasserspiegels tun das ihre, um die Situation instabil zu machen. Abhilfe ist nicht in Sicht: "Das wäre zu teuer und technisch sehr aufwendig. Ob ein Eingriff ins Erdreich Erfolg hätte, ist außerdem kaum vorhersehbar", so Trapp.

Für die Anwohner eine unbefriedigende Situation, zumal sie befürchten: "Der Wert unserer Häuser ist praktisch gleich Null", sagt eine Betroffene. "Am schlimmsten daran sind diejenigen, die ein Haus auf Erbpacht gebaut haben. Denen gehört noch nicht einmal das Grundstück, das ihnen unter den Füssen wegrutscht."

Verpächter der Grundstücke am Ochtmisser Kirchsteig ist die Klosterkammer. Doch die bleibt stur: "Bisher sind meine Gespräche zu diesem Thema ergebnislos verlaufen", sagt Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD).

Die Situation, so befürchten die Anwohner, könnte sich durch die geplanten Bauarbeiten an der benachbarten Frommestraße weiter verschlimmern. Mädge versuchte zu beruhigen: "Der Investor an der Frommestraße hat noch keine Bauerlaubnis. Ohne sorgfältige Prüfung seines Vorhabens wird er sie nicht bekommen. Wir werden sie rechtzeitig informieren, wenn es soweit ist."

Ein Beweissicherungsverfahren für die umliegenden Gebäude an der Frommestraße hat begonnen: "Da werden alle Risse der umliegenden Häuser dokumentiert, die Stadt führt das Verfahren durch. Bezahlt wird es vom Investor", sagt Stadtbaurätin Heike Gundermann.

Auch der Geologe trat den Befürchtungen entgegen: "Erschütterungen durch Bauarbeiten sind nicht der Verursacher der Senkungen. Da entladen sich Spannungen im Erdreich - das tun sie aber auch ohne die Erschütterung, nur zu einem anderen Zeitpunkt", sagte Trapp.

Ein Bauverbot in Lüneburgs Senkungsgebieten wird es nicht geben: "Da wäre die halbe Stadt betroffen", sagte Ulrich Mädge: "Das ist nicht nötig. Neubauten sichert man anders als früher. Der Lambertiplatz steht auch an einer Abbruchkante. Die neuen Gebäude wurden mit modernen Techniken gebaut. Dort sind bisher kaum Senkungsprobleme bekannt."

Zusätzliche Unterstützung durch einen Hilfsfonds konnte Mädge nicht versprechen: "Der Rat hat dagegen votiert. Aber wir beraten sie kostenlos und helfen denen, die finanziell nicht in der Lage sind, ihr Gebäude zu sichern."