Sie waren mit Spaß und Feuereifer bei der Sache, doch der Hintergrund ist ein sehr ernstes Thema. Am Sonnabendvormittag wuselten 22 Kinder der Integrativen Gesamtschule Kaltenmoor in der Großen Bäckerstraße hin und her, auf der Suche nach Arbeit - und Spendern.

Lüneburg. Die Fünftklässler hatten im Rahmen der bundesweiten Kampagne der Kindernothilfe "Action!Kidz" mit Lehrer Ludger Wessels in der Lüneburger Innenstadt zum Aktionstag gegen Kinderarbeit aufgerufen. Für Kinder im bolivianischen Potosí sammelten sie die Spenden. Dafür putzen sie die Schuhe von Passanten, wienerten Fahrräder, schminkten auf Wunsch andere Kinder und verkauften auf einem kleinen Flohmarkt Spielsachen und Bücher für den guten Zweck.

Anjas erste "Kundin" ist ihre eigene Oma, Irmgard Schulz. Sie besuchte ihre Tochter am Aktionsstand und ließ sich dabei gleich die Schuhe putzen. "Ich war ohnehin in der Stadt und da wollte ich doch sehen, was meine Enkelin hier macht", so die Lüneburgerin.

Ohne Scheu sprechen die Schüler auch Thomas Herzburg an, der sein Fahrrad gerade am Stand vorbei schiebt. Gern nimmt der 48-Jährige das Angebot an und lässt sein Rad säubern, während er die Zeit nutzt und über den Wochenmarkt schlendert. "Das war eine gute Idee von den Kindern, mein Fahrrad ist jetzt wieder blitzeblank", so Herzburg und spendete dafür 15 Euro in die bereitstehende Sammelbox.

Derweil unterhalten Merle und Selina die Passanten mit Musikstücken auf ihrer Querflöte und Chantal malt der vierjährigen Elena einen bunten Schmetterling auf die Wange. Die kleine Mia (2) entscheidet sich für ein Herz, überlegt es sich dann aber doch anders und lässt stattdessen ihre Puppe anmalen.

Projektleiter Ludger Wessels ist zufrieden. "Insgesamt acht Wochen haben die Schüler für dieses Projekt gelernt und gearbeitet. Denn das ist Teil des Unterrichts, in dem auch Fächer wie Politik, Erdkunde und Geschichte vermittelt werden."

Bislang kamen rund 400 Euro zusammen. Denn die Kinder haben auch zu Hause und in ihrer Nachbarschaft mit angepackt und so für Spenden gearbeitet. So hat Maxi (10) eine Woche lang jeden Nachmittag den Garten seiner Nachbarin von Laub befreit. "Dafür habe ich zehn Euro bekommen", sagt er nicht ohne Stolz. Selina hat ihrer Mama im Haushalt und im Garten geholfen und kassierte dafür 3,50 Euro. Ihre kleine Schwester Miriam (8) zahlte ihr 1,50 Euro fürs Zimmer aufräumen.

Mit der bundesweiten Kampagne "Action!Kidz - Kinder gegen Kinderarbeit" unter der Schirmherrschaft von Christina Rau rückt die Kindernothilfe das soziale Engagement von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt. Der Einsatz gilt für Kinder, die in Bergminen im bolivianischen Potosí Schwerstarbeit verrichten müssen. Bis zu zehn Stunden täglich schuften sie für einen Hungerlohn. Die Arbeitsbedingungen sind brutal: Enge, ungesicherten Stollen, 40 Grad und Schwefeldämpfe, die das Atmen zur Qual werden lassen.

Die weltweite Wirtschaftskrise und die gesunkenen Rohstoffpreise haben die Situation der Kinder alarmierend verschlechtert. Die Kindernothilfe setzt sich verstärkt dafür ein, die Lebensbedingungen der Kinder zu verbessern. Dazu gehören warme Mahlzeiten, medizinische Betreuung, aber auch Nachhilfeunterricht und berufsbildende Kurse, um so vielleicht den Ausweg aus der harten Arbeit in den Minen zu ermöglichen.