Stadtverwaltung hat die Fugen in mühsamer Arbeit aufgefüllt. Für Radfahrer ist der traditionelle Belag auch eine Gefahr.

Lüneburg. Die Besen sind zurück in Lüneburgs Innenstadt. Wo bis vor einem Jahr Kehrmaschinen die Straßen säuberten, machen das jetzt wieder Menschen. Der Grund: Die Fugen zwischen den Pflastersteinen sollen sich setzen, denn die hat der Betriebshof der Stadt gerade neu aufgefüllt. Für Radfahrer ändert sich dadurch allerdings nichts: Bei Regen bleibt die Tour übers Kopfsteinpflaster eine Rutschpartie.

Über die Jahre hatten Kehrmaschinen der Straßenreinigung die Fugen zwischen den Steinen leergefegt. In Nachtschichten haben Mitarbeiter des Betriebshofs diese jetzt mit feuchtem Lehmkies neu eingeschlämmt. Angekündigt worden war das bereits vor zwei Jahren. Begonnen wurde 2008. Im vergangenen Monat wurde die Aktion dann abgeschlossen.

"Die Arbeit ist getan", sagt Betriebshof-Leiter Ralf Dibowski zufrieden. In Handarbeit stopften Nachtkolonnen aus vier Mann unter anderem die Löcher Am Sande, Am Berge, Am Markt, in der Bardowicker Straße, der Heiligengeiststraße, der Waagestraße, der Papenstraße und Bei der St. Johanniskirche. "Das war sehr aufwendig, aber es hat hervorragend geklappt. Das Ergebnis sieht sehr gut aus", so Dibowski. "Langsam entstehen Moose, Flechten und Gräser, die die Fugen halten."

Damit die Kehrmaschinen die neue Füllung nicht gleich wieder hinausziehen, lässt der Betriebshofleiter die Straßen noch bis Frühjahr per Hand kehren - mit einer Ausnahme: die Sülfmeistertage am Wochenende.

Weil die Reinigung der Innenstadt per Besen auf Dauer aber weder machbar noch bezahlbar ist, hat der Betriebshof eine neue Kehrmaschine gekauft: "Ihre Saugleistung an der Fuge ist nicht so groß", berichtet Dibowski. "Jetzt müssen wir den besten Kompromiss zwischen Reinigung und Schonung des Pflasters finden." Das sei eine Herausforderung.

Eine Herausforderung ist das Kopfsteinpflaster auch nach dem Einsatz der Schlämm-Kolonnen für Lüneburgs Fahrradfahrer und Senioren. Zwar geraten Reifen jetzt nicht mehr so leicht zwischen das Pflaster, aber bei Regen wird es sehr glatt. Dagegen helfen auch volle Fugen nichts.

"Die Steine sind über die Jahrzehnte platt gefahren", erklärt Betriebshofchef Dibowski. "Wenn es nass ist, müssen Radfahrer entweder langsamer fahren oder absteigen. Das Pflaster gehört nun einmal zum historischen Stadtbild." Auch im Winter ist das Pflaster nicht ungefährlich, weiß Dibowski. "Umso wichtiger ist ein guter Winterdienst, und den bieten wir."

Walter Klingenhäger vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) Lüneburg bestätigt, dass "der Lehmsand in den Fugen für Radfahrer nicht viel bringt". Das unbequeme Radeln in der City könne man aber nicht der Stadtverwaltung zum Vorwurf machen, so der ADFC-Vorsitzende: "Das liegt auch an den neuen, unplattbaren Reifen, die mit hohem Druck aufgepumpt werden müssen." Zudem sei das Kopfsteinpflaster für Rollstühle und Rollatoren "viel schlimmer als für Fahrräder".

Kommt es zu einem Unfall, bei dem ein Radfahrer auf dem glatten Pflaster wegrutscht und stürzt, ist auch juristisch in aller Regel der Radler selbst Schuld. "Kopfsteinpflaster ist kein unzulässiger Straßenbelag", formuliert es Uwe Zimmermann vom Städte- und Gemeindebund. "Deswegen gibt es keinen Anhaltspunkt, dass die Stadt haftet."

Es sei auch nicht in erster Linie Aufgabe der Stadt, in solchen Situationen aufzupassen, sondern desjenigen, der sich bewege: "Wenn man sieht, dass das Pflaster glatt ist, heißt es: absteigen", sagt der Jurist.