Die Kapitäne auf Flüssen und Kanälen sind von der Großindustrie abhängig. Udo Krüger nimmt jetzt sogar Leerfahrten in Kauf.

Lauenburg. Udo Krüger macht einen Zwischenstopp auf dem Weg nach Lübeck. Seinen 80 Meter langen Frachter "Lichtenfels" hat der Binnenschiffer vis á vis der Hitzler Werft in Lauenburg vertäut. Und er stellt für sich klipp und klar fest: "Wir stecken voll in der Krise drin und niemand kommt für die Verluste auf."

Krüger macht vor allem die Flaute in der deutschen Automobilindustrie zu schaffen. Die regelmäßigen Transporte von aufgerollten Blechen aus dem Duisburger Walzwerk der ThyssenKrupp Steel AG bis nach Basel fallen für den 66-Jährigen bis auf weiteres weg. Die Automobilindustrie hat keinen Bedarf, das Walzwerk ist geschlossen.

Es sind speziell die Produktgruppen Eisen, Nichteisenmetall (Kupfer, Aluminium, Zink, Bronze, Messing, Bunt- und Weißmetalle), Erze, Metallabfälle, Düngemittel, Steine und Erde, bei denen die Transporteinbußen zum Teil über 19 Prozent liegen. Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. sank die Beförderungsleistung auf deutschen Flüssen und Kanälen im ersten Quartal 2009 um knapp 25 Prozent auf zwölf Milliarden Tonnenkilometer im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Geblieben sind Krüger die regelmäßigen Lieferungen von italienischem Mais, der in Basel geladen und in Lübeck gelöscht wird. Die Fahrt in die Schweizer Stadt tritt er mit einem leeren Frachter an. "Meine Kollegen halten mich für verrückt, doch so bleibt mir zumindest eine lohnende Rückfahrt nach Lübeck." Dafür nimmt Kapitän Krüger eine 16-tägige Reise auf sich, auf der allein 5000 Liter Diesel für die Leerfahrt in Richtung Süden zu Buche schlagen. Da der erfahrene Binnenschiffer finanziell gut dasteht und keinerlei Kredite das Konto belasten, finanziert er derartige Fahrten aus Ersparnissen.

Anders als in anderen Branchen ist es einem Unternehmer wie Udo Krüger kaum möglich, auf Kurzarbeit umzustellen oder Personal zu reduzieren. "Entweder das Schiff ist im Einsatz - dann ist die volle Mindestbesatzung erforderlich - oder das Schiff liegt still." Dann fehlen die Einnahmen bei laufenden Kosten für Kreditverpflichtungen, Versicherungen, Berufsgenossenschaft und Personal.

Ein Lichtblick für Krüger und seine Kollegen war die ertragreiche Rapsernte und ist die anstehende Getreideernte. Doch einhergehend mit dem drastischen Rückgang des Ladungsaufkommens ist der Preisverfall bei den Frachten. "Im vergangenen Jahr noch wurden für den Transport von einer Tonne Kohle von Rotterdam nach Krotzenburg am Main 7,50 Euro gezahlt. Jetzt sind es 2,50 Euro pro Tonne."

Den Trend zum rückläufigen Frachtgutaufkommen bestätigt Christoph Weinoldt aus dem Dezernat Schifffahrt der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte in Hannover. Die aktuellen Zahlen für den Güterverkehr auf dem Elbe-Seitenkanal seinen zwar auf 6900 Güterschiffe (ein Plus von 100) im ersten Halbjahr dieses Jahres gestiegen, die Ladungstonnen jedoch um sechs Prozent gefallen. "Damit liegt der Elbe-Seiten-Kanal weit unter dem Bundesdurchschnitt. Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen einen Frachtrückgang von 20 bis 30 Prozent." Um 20 Prozent rückläufig auf dem Elbe-Seitenkanal sei nur der Containerverkehr nach Hamburg sowie zu den Containerterminals nach Braunschweig und Hannover.