Die Kritik wächst. Händler und Werkstätten beklagen Einbußen. Subventionen für Autokonzerne gefährden den Mittelstand.

Bardowick. Autohändler Stefan Schünemann aus Bardowick bemüht ein Sinnbild für seine Kritik: ,,Die Abwrackprämie ist der größte Schrott." Er habe im ersten Quartal dieses Jahres gerade einmal so viele Autos verkauft wie 2008 in einem Monat. ,,Keine Nachfrage nach Gebrauchtwagen", lautet seine Bilanz. Jeden Monat fahre er ein Minus von etwa 50 Prozent ein. ,,Wenn das so weitergeht, wird es existenzbedrohend", sagt Schünemann. Er selber habe zwar finanzielle Rücklagen für seinen Betrieb gebildet, für andere Gebrauchtwagenhändler rechne sich das Geschäft aber längst nicht mehr: ,,Ich kenne zwei Kollegen, die ihr Gewerbe inzwischen abgemeldet haben."

Die Abwrackprämie schlage negativ durch - und das gleich in zweifacher Hinsicht. Nicht nur, dass Händler wie er auf ihren Fahrzeugen sitzen bleiben, weil Kunden den Verlockungen des Neuwagenkaufs wegen der Prämie erliegen. ,,Auch der Export nach Osteuropa ist total zusammengebrochen." Gebrauchtwagen seien schlicht nicht mehr zu bekommen, um sie ins Ausland zu verkaufen. ,,Weil sie wegen der Abwrackprämie in der Schrottpresse landen."

Das ziehe einen weiteren Effekt nach sich, so Schünemann: ,,Da weniger Autos auf dem Markt sind, explodieren die Beschaffungspreise für Gebrauchte, weil sich viele Händler um wenige Autos bemühen. In der Preisklasse 1000 bis 5000 Euro ist zurzeit nichts zu holen - weder im An- noch im Verkauf."

Dass die Gebrauchtwagenhändler Einbrüche beim Fahrzeugabsatz verzeichnen, bekommen auch die freien Autowerkstätten zu spüren. Volker Back und Thomas Kux betreiben zwei - in Lüneburg und in Bardowick. Die Gebrauchtwagenhändler seien wichtige Kunden, erklärt Back, aber Aufträge von ihnen seien drastisch zurückgegangen. ,,Eigentlich reparieren wir die Autos und bringen sie in Schuss, bevor die Händler die gebrauchten Fahrzeuge verkaufen." Doch das Geschäft lahmt. ,,Wir haben weniger Autos in den Werkstätten - rund 20 Prozent. Über die Abwrackprämie haben wir schon jetzt fünf bis zehn Prozent unserer Kunden verloren", klagt Back.

Und es könnte noch schlimmer kommen, wenn nicht mehr nur die Gebrauchtwagenhändler massenhaft abspringen, sondern auch vermehrt die Werkstattkunden fernbleiben, die ihre alten Autos - die nach Meinung von Back vielfach noch in gutem Zustand gewesen seien - zugunsten eines Neuwagens abwracken lassen. ,,Um die Garantieansprüche der neuen Autos aufrechtzuerhalten, in der Regel gelten die drei Jahre, binden sich die Käufer oft an die Markenwerkstätten - oder werden von den Händlern an sie gebunden. Obwohl wir als Meisterbetrieb die Serviceleistungen auch ausführen dürfen", sagt Back. Er meint, die Abwrackprämie habe einen funktionierenden Markt zerstört. ,,Das ist eine totale Verzerrung der Wirtschaft und nichts anderes als eine Subvention der Autokonzerne", kritisiert Back. Das sieht auch Stefan Schünemann so. ,,Die Konzerne erhalten die Kohle und der Mittelstand wird in den Konkurs getrieben. So werden viele Arbeitsplätze zerstört."

Schünemann hofft nun, sich mit einem langen Atem, Fleiß und guten Rücklagen über Wasser halten zu können. ,,Allerdings werden die kommenden drei Jahre hart, weil so lange die meisten Finanzierungen für Neuwagen laufen." Auch Volker Back glaubt, dass es in seinen Werkstätten weitergehen werde. ,,Nur weiß ich noch nicht, wie lange - und mit wie viel Personal."