Wie die Lüneburger Bundestagskandidaten der allgemeinen Wahlmüdigkeit begegnen wollen.

Lüneburg. Am 27. September wird der 17. Bundestag gewählt. Doch schon jetzt stellt sich die Frage nach der Wahlbeteiligung: Bei den Europawahl im Juni wollten nur 42,7 Prozent der Bürger im Landkreis über die Politik in Brüssel mitbestimmen.

Woran könnte es liegen, dass Deutschland wahlmüde ist? "Letztlich kann man nur spekulieren. Aber ich denke, viele sind von politischen Entscheidungen enttäuscht", sagt Andreas Meihsies, Bundestagskandidat der Grünen im Wahlkreis Lüneburg/Lüchow-Dannenberg. "Dagegen hilft nur der kontinuierliche Dialog mit dem Bürger. Der Wähler muss wissen, wofür ich als Bundestagskandidat stehe."

"Auch wenn nicht alle desinteressiert sind, sondern viele gut informiert - mehrheitlich will der Bürger mit seinem Fernbleiben sicher Unzufriedenheit ausdrücken", sagt Eckhard Pols, Bundestagskandidat der CDU.

Das Gefühl für die Notwendigkeit von Wahlen ist verloren gegangen: "Das Recht, wählen zu gehen wird nach 60 Jahren in Frieden und Freiheit offensichtlich nicht mehr als Errungenschaft angesehen", sagt Hiltrud Lotze, Bundestagskandidatin der SPD für den Wahlbezirk. Ihr Konzept gegen die Wahlmüdigkeit: "Ich gehe dorthin, wo die Menschen sind und versuche sie davon zu überzeugen, dass es besser ist, durch Wahlen mitzubestimmen als andere über sich bestimmen zu lassen".

Der Begriff "Wahlmüdigkeit" beschönigt das Problem, findet Johanna Voss, Bundestagskandidatin der Partei "Die Linke" aus Simander im Wendland: "Die Bürger sind nicht einfach nur müde. Sie haben ein feines Gespür für die Ungerechtigkeiten, die vor allem die herrschenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse mitbringen." Johanna Voß fordert mehr direkten Einfluss der Bürger: "Vor allem junge Menschen müssen das Gefühl haben, dass die Verhältnisse, in denen sie leben, veränderbar sind. Es sollte Volksabstimmungen und Volksentscheide auch auf Bundesebene geben."

Auf die jüngeren Wähler setzt auch Boris von dem Bussche, FDP-Bundestagskandidat aus Hitzacker: "Vor allem jungen Leuten sollte gezeigt werden, das ihr Engagement Früchte trägt. Oft verlassen ältere Parteifunktionäre auch in den untersten Parteiniederungen nur ungern ihre Plätze."

Kürzere Wahlperioden werden von allen Kandidaten abgelehnt: "Einen Richtungswechsel alle zwei bis drei Jahre halte ich eher für abträglich", sagt Hiltrud Lotze. "Ich setze mich für Volksentscheide und Volksbegehren ein." Bürgerentscheide bejahen alle Kandidaten: "Allerdings müsste dann die Verfassung geändert werden", sagt von dem Bussche.

Die Forderung nach mehr direkter Demokratie kommt auch von Politikwissenschaftlern. "Referenden und Volksentscheide sollten ausgebaut werden. Diese Maßnahmen müssten mit einer Aufklärung und politischen Weiterbildung einhergehen", sagt Torsten Klinke, Politologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centre für Sustainability Management der Leuphana.

Er empfiehlt, neue Wege zum Wähler zu nutzen - Filme auf YouTube, Wikis oder Twitter gehören schon zu den täglichen Informationsquellen junger Menschen. "Solche Instrumente müssen von der Politik verstärkt genutzt werden. Daneben muss die Politik langfristige Strategien entwickeln. Sie sollte die Wirtschaftskrise nicht durch populistische Aussagen instrumentalisieren."