Randalierer brachen die Türen auf und richteten erhebliche Schäden an. Nachbarhäuser sollen abgerissen werden.

Lüneburg. Die Tür steht offen, die Böden sind übersät mit Glassplittern, und draußen liegen haufenweise Backsteine zum Randalieren nur so parat: Am denkmalgeschützten Waldhaus in Häcklingen nimmt der Vandalismus immer mehr zu. Der Ortsvorsteher vermutet System dahinter, ein Historiker plant Mahnwachen. Und der Hausbesitzer kündigt noch für diese Woche weitere Sicherungsmaßnahmen an, will überdies die übrigen Gebäude auf dem Grundstück abreißen.

1906 gebaut und zuletzt bis Februar 2007 Psychiatrische Klinik war das verwunschen zwischen riesigen Eichen liegende sogenannte Waldhaus zunächst eine Mädchenschule. Sie schloss 1923, und 1935 kaufte der damalige Chef der Lüneburger Kronen-Brauerei das Haus, Dr. Alexander Möllering: Nach ihm heißt es daher auch heute noch "Möllering-Villa".

Wirklich wichtig wurde das Haus 1945: Nachdem es zunächst als Hauptquartier der britischen Armee gedient hatte, fanden dort während der letzten Kriegstage Kapitulationsverhandlungen statt, die letztlich entscheidend für das Ende des Zweiten Weltkrieges waren. Die Bedeutung für die nationale politische Geschichte hat das Haus im November 2007 in die Liste der denkmalgeschützten Gebäude Niedersachsens aufrücken lassen, initiiert hatte den Eintrag damals der Lüneburger Lehrer und Historiker Dr. Rainer Sabelleck. Er setzt sich seit anderthalb Jahren für die Einrichtung einer Gedenkstätte ein und sagt: "Es ist unglaublich, was sich auf diesem Grundstück seit langem abspielt."

Das bestätigt Häcklingens Ortsvorsteher Dr. Uwe Plath: "Das Haus ist unser Sorgenkind. Am Wochenende wird dort Vandalismus betrieben, vor allem an den Nebengebäuden. Gerade habe ich mir das Haus noch einmal angesehen, ich bin sehr erschrocken." Die Kellertüren stünden offen, ebenso die Eingangstür. "Es kann jeder rein", berichtet Plath kopfschüttelnd.

Ihm dränge sich der Eindruck auf, das unter Denkmalschutz stehende Objekt solle "bewusst entsorgt" werden: "Das ist doch quasi eine Einladung, es zerstören zu lassen." Der Zustand sei schlimm: "Das ist wirklich traurig. Wir haben hier ein Haus von nationaler Bedeutung, das muss doch geschützt werden."

Sabellecks Wunsch nach einem Museum wertete Plath zwar aus finanziellen Gründen als Utopie, aber: "Es kann nicht sein, dass das Haus mit bewusster Förderung des Besitzers verfällt."

Diesem Eindruck widerspricht die Stadtverwaltung: "Der Eigentümer reagiert eigentlich immer sofort, wenn wir ihn auf etwas hinweisen", sagt Sprecherin Suzanne Moenck. "Wir sind fortlaufend in Gesprächen, für mutwilliges Verfallenlassen haben wir keinen Anhaltspunkt." Auch der Kritisierte selbst weist die Vorwürfe zurück: "Nein", sagt Kurt Spannig, Geschäftsführer des Vereins "Die Brücke" aus Uelzen, dem das Haus gehört, "auch wir sind wirklich unglücklich darüber." Das sei schließlich nicht im Interesse des Vereins, da der Wert sinke. Er spreche mit Investoren, die Ideen entwickeln, wie das Denkmal in eine Gesamtnutzung des Geländes integriert werden könne.

In Zukunft sollen auf diesem und den umliegenden Grundstücken Neubauten entstehen. Der städtebauliche Vertrag sei geschlossen, sagt Spannig, "in rund einem Jahr werden wir wissen, wie viel Quadratmeter auf dem Gelände bebaut werden dürfen".

Es sei "außerordentlich schwierig, gegen das Gewaltpotenzial anzugehen", so der Geschäftsführer. Noch diese Woche würden Tischler die Türen verstärkt sichern und die fehlenden Dachziegel ersetzen.

Übungen von Polizei und Feuerwehr in den Nachbargebäuden hat Spannig mittlerweile ebenfalls abgesagt: Sie hätten die Häuser zu stark in Mitleidenschaft gezogen. Er will die nicht geschützten Gebäude "so schnell wie möglich" abreißen lassen. Seine Hoffnung: "Wenn der Vandalismus dort nicht mehr möglich ist, bleibt auch das denkmalgeschützte Haus eher verschont."