Heute ist Internationaler Tag gegen Drogenmissbrauch und illegalen Drogenhandel. In Lüneburg hilft eine Einrichtung der Jugendhilfe.

Lüneburg. "Ich bin Alkoholiker", sagt Serkan (18). Angefangen zu trinken hat er mit zwölf Jahren. Ähnlich war es auch bei Ben (16) und Nadja (22). Der 16-Jährige erklärt: "Ich habe eigentlich alles genommen außer Heroin." Nadja machte auch davor keinen Halt. "Ich brauchte täglich irgendwas", schildert sie die schlimmste Zeit ihrer Drogenkarriere.

Heute ist das für alle drei Vergangenheit, Nadja, Serkan und Ben sind clean.

Den Absprung schafften sie über die Jugendhilfe in Lüneburg, genauer die Einrichtung "aha". Das steht für Abstinenz, Hilfe und Autonomie. Die Leiterin Birgit Lindner erklärt das Konzept: "Wir bieten den Jugendlichen einen geschützten Rahmen in einem drogenfreien Umfeld. Mit Hilfe therapeutischer Unterstützung arbeiten sie ihre persönlichen Erfahrungen auf und entwickeln neue, drogenfreie Lebensstrategien."

Dafür braucht es Zeit. Vorgesehen sind 27 Monate, in drei Phasen gegliedert: Ben befindet sich in der Intensiven Stationären Betreuung (IST) und wird rund um die Uhr begleitet. Serkan ist bereits einen Schritt weiter. Er lebt in einer betreuten Wohngemeinschaft in der Stadt und besucht bald wieder eine öffentliche Schule. Nadja hat sogar die Ablösungsphase (ALPH) bereits hinter sich, in der die Jugendlichen weitgehend autonom leben und arbeiten. "Die Übergänge der einzelnen Phasen sind immer kritisch für die Betroffenen", sagt Birgit Lindner. Deshalb sei es jederzeit möglich, einen Gesprächstermin zu vereinbaren. Und auch innerhalb der Gruppe achten die Jugendlichen aufeinander.

Birgit Lindner erklärt: "Sie haben ein ganz besonderes Gespür dafür, wann jemand gefährdet ist, weil sie alle eine ähnliche Vergangenheit haben." Beispielhaft beschreibt Nadja ihre Geschichte: "In meinem Jugendclub haben alle Drogen genommen oder getrunken. Ich wollte dazu gehören. Meine Eltern wussten gar nicht, was los ist, wir haben damals aneinander vorbei gelebt. Ich habe mich viel allein gefühlt." Die damals Zwölfjährige geriet in einen Strudel aus Drogen und Beschaffungskriminalität, schwänzte die Schule. Es folgten eine erste Therapie, der Rückfall und eine Festnahme wegen Diebstahls und Drogenbesitzes. Im November 2002 landete sie daraufhin bei "aha".

Wirklich entschlossen, von den Drogen wegzukommen, war Nadja damals noch nicht: "Ich hatte einfach keinen Bock auf Stress und habe deshalb zugesagt." Doch die 23-Jährige ist ihren Weg gegangen, hat die Therapie erfolgreich abgeschlossen und studiert mittlerweile Jura. Drogen sind für sie noch immer ein Thema - aber eines, mit dem sie sehr bewusst umgeht. "Ich würde zum Beispiel nie mit Jemandem weggehen, der Alkohol trinkt", sagt Nadja.

Ihre Freunde beherzigen das. Viele von ihnen hat sie bei "aha" kennengelernt. Jetzt stützen sie sich gegenseitig. Auch Serkan haben die Gruppenmitglieder schon vor dem einen oder anderen Rückfall bewahrt - besonders am Anfang: "Es gab auch Zeiten, da dachte ich an Abbruch. Aber hier hat man immer Leute, die einen auffangen. Ich brauche das", sagt der 18-Jährige.

Nadja, Serkan und Ben haben den Absprung geschafft. Heute können alle drei wieder nach vorn blicken, haben sich neue Ziele für die Zukunft gesetzt. Einen Schulabschluss, eine Familie und irgendwann ein Cadillac - so unterschiedlich die Vorstellungen auch sein mögen, eines wünschen sich alle drei: Clean bleiben.