Lehrer fordern mehr Kontinuität in der Betreuung von Migranten. Stadt kann feste Betreuerstelle nicht finanzieren.

Lüneburg. Die erfolgreiche Arbeit mit Migrantenkindern in Lüneburg erfährt einen Rückschritt. Zur großen Enttäuschung von Eltern und Lehrern endet nach zweijähriger Laufzeit in drei Wochen das Modellprojekt "Motivierende Vielfalt" (Movi). Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) Soziale Dienste hatte das Modellprojekt des Bundes vor zwei Jahren an die Hauptschulen Oedeme und Kaltenmoor geholt.

Movi hatte zum Ziel, den Eltern in Migrantenfamilien das deutsche Schulsystem auch in seinen Einzelheiten zu erläutern und damit den Familien auch die unterschiedlichen Möglichkeiten in den Schullaufbahnen und für eine spätere Ausbildung ihrer Kinder aufzuzeigen.

Oskar Bauer, Rektor der Hauptschule Oedeme, sagt: "Es wäre sehr wichtig, dass ein solches Angebot weiterhin besteht." Zumal an der Hauptschule Oedeme etwa 40 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund hätten, in den unteren Jahrgängen liegt der Anteil sogar bei 80 Prozent.

Umso wichtiger sei es hier, die Eltern mitzunehmen, sagt Awo-Mitarbeiterin Tanja Geilert: "Vielen Eltern mit Migrationhintergrund ist das deutsche Schulsystem ein Rätsel. Weil sie es nicht verstehen, ziehen sie sich zurück. Um die Kinder optimal fördern zu können, ist es daher wichtig, die Erwachsenen über die unterschiedlichen Möglichkeiten aufzuklären."

Genau diese Kenntnisse zu vermitteln, war die Aufgabe von ehrenamtlichen so genannten Kulturmittlerinnen. Diese Wandlerinnen zwischen den kulturellen Welten haben während der Projektlaufzeit 165 Familien erfolgreich betreut. Da die meisten Migrantenfamilien mehr als ein Kind haben, multipliziert sich der Erfolgsfaktor um ein vielfaches.

Dass der Bedarf für die Projekte wie Movi groß ist, zeigt auch die Anfang des Jahres erschienene Studie "Ungenutzte Potenziale. Zur Lage der Integration in Deutschland" des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Der Erhebung zufolge sind Sprachbarrieren und mangelnde Kenntnis des Bildungssystems Hauptursachen mangelnder Integration. Genau hier setzt Movi an - erfolgreich, wie Oscar Bauer nachdrücklich bestätigt: "Insgesamt sind die Leistungen betroffener Schüler gestiegen."

Umso unverständlicher ist für Projektbeteiligte wie Antje Rothe, dass Movi nicht fortgesetzt wird: "Alle reden immer von Integration, doch es reicht einfach nicht, mögliche Lösungen nur auf dem Papier zu debattieren." Notwendig sei eine praktische Unterstützung, und zwar so früh wie möglich. Und auch Kontinuität in Form unbefristeter Betreuer-Stellen werden angemahnt.

Stadt-Sprecher Daniel Steinmeier hat zwar Verständnis für diese Forderungen, wendet aber ein: "Es ist natürlich schade, dass die Förderprogramme zeitlich befristet sind. Aber wir als Kommune können eine kontinuierliche Finanzierung schlicht nicht leisten. Dazu fehlen die Mittel." Allerdings zeige die Stadt viel kreativen Einsatz wenn es darum gehe, neue Mittel einzuwerben. Steinmeier: "Wir versuchen, möglichst nahtlose Übergänge zu schaffen. An der Hauptschule Kaltenmoor schließt sich beispielsweise ein neues Projekt an."

Das Folge-Programm trägt den Titel "Soziale Stadt - Bildung, Arbeit, Wirtschaft im Quartier" (BIWAQ) und soll im Stadtteil Kaltenmoor für "Chancengerechtigkeit" sorgen. Ein Modul von BIWAQ ist die genau die ausbildungsorientierte Elternarbeit, die auch Movi geleistet hat. Diesmal wird das Projekt von Studierenden der Leuphana Universität begleitet.