Das Melkhus ist eine Erfolgsgeschichte. Am Sonnabend eröffnet in Sassendorf das erste Haus dieser Art im Landkreis.

Sassendorf. Schick sieht es aus, das grün lackierte Melkhus mit rotem Ziegeldach. Unmittelbar am Elberadweg in Sassendorf gelegen ist es ein Blickfang für Fahrradtouristen und Deichläufer; ein willkommener Anlass, eine Verschnaufpause einzulegen.

Der Potsdamer Claudio Barthel lässt sich ein Glas pasteurisierte Frischmilch schmecken, seine Frau Annika nippt an dem schwarz-bunt gezeichneten Kaffeebecher. Eine Hommage an das Vieh im Stall nebenan.

"Ich kenne ähnliche Angebote aus den Bergen. Dort können sich Wanderer an Frischmilchautomaten bedienen, die 24 Stunden lang zugänglich sind", sagt Barthel, der mit seiner Frau und dem vierjährige Sohn im Anhänger am Morgen in Bleckede aufgebrochen ist. Ihr Ziel ist Cuxhaven.

Hausherrin Wiebke Ahrens strahlt, wenn sie aus der offenen Küche des Melkhus einen Blick in die sportliche Runde wirft. Die 44-jährige Landfrau führt mit ihrer Familie in Sassendorf bei Hohnstorf einen Milchviehbetrieb. "Bei einem Glas frischer Milch, Milchmixgetränken, Quarkspeisen und anderen Milchspezialitäten, aber auch bei einem Kaffee, können Radler sich stärken und bekommen nebenbei Einblick in die heutige Landwirtschaft", sagt die gelernte Hauswirtschaftsmeisterin und Mutter von vier Kindern über ihren neuen Geschäftszweig..

Ausgeschenkt wird im Melkhus übrigens nicht die Milch von den eigenen Kühen, sondern Vorzugsmilch, in der nach dem Filtern Vitamine und natürlicher Fettgehalt weitestgehend erhalten bleiben. Im Melkhus ist Selbstbedienung angesagt. Gezahlt wird in eine Geldkassette. "Was wir anbieten, kostet zwischen einem und 2,50 Euro. Da ist für jeden etwas dabei. Auch für Familien mit Kindern", sagt Milchexpertin Ahrens.

+++ Die Milchraststätte am Wegesrand +++

Auf der gegenüberliegenden Holzbank löffeln Sarah Wilcke, 27, und David Kilian, 28, Kirschquark vermengt mit Schokostückchen. "Sehr lecker", sagen die Hamburger Radler, die profimäßig gekleidet sind und wann immer es möglich ist, im mitgeführten Zelt unter freiem Himmel übernachten. Für die jungen Leute geht es weiter nach Boltenhagen. Die beiden bezeichnen sich selbst als routinierte Wanderer und Radfahrer. Ihre derzeitige Tour führt sie entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, dem so genannten Grünen Band.

In der Regel genießen die Gäste frischen Kaffee, Kuchen und Milchprodukte. Aber auch Eis mit hinreißenden Geschmacksrichtungen wie Bubble Gum findet seine Abnehmer, sobald die Temperaturen steigen. Allerdings bleiben Radtouristen nicht allzu lange auf den Holzbänken im Melkhus hocken. Lieber noch sitzen sie im Fahrradsattel und lassen sich den Wind um die Nase wehen.

Mit der offiziellen Eröffnung des Melkhus' am Sonnabend öffnet die Familie auch ihren Hof mit Blick auf Kühe, Stallungen und Feldmark. Entstanden ist die Idee 2001. Heute zählt Niedersachsen 80 Milchraststätten am Wegesrand "Wir Landfrauen, Bäuerinnen und Melkhus-Betreiberinnen wollen zeigen, dass es außer Cola und anderen Süßgetränken auch etwas anderes gibt, das schmeckt", sagt Ahrens. "Zudem bietet der Betrieb eines Melkhus' ein interessantes Betätigungsfeld neben der Landwirtschaft und auch ein zusätzliche Einkommen."

Dass das neue Angebot für die Radtouristen auch zur Attraktivitätssteigerung der Region führen und den ländlichen Raum stärken wird, ist den Kommunen nicht verborgen geblieben. So unterstützte die Samtgemeinde Scharnebeck den Bau des Melkhus mit 5000 Euro, die Gemeinde Hohnstorf spendierte 1000 Euro, die Landfrauen schenkten Obstbüsche und ein Gartenfachgeschäft aus dem Nachbardorf die Rasensaat und eine Hollywoodschaukel. Darüber hinaus sind Wiebke Ahrens und ihre Familie überwältigt von der tatkräftigen Hilfe, die Freunde und Dorfgemeinschaft geleistet haben.

Die Melkhüs in Niedersachsen sind in der Regel von April bis Ende September täglich von 11 bis 18 Uhr geöffnet.