Vergütung: Kerstin Steller und ihre Kollegen fordern mehr Anerkennung für ihre therapeutischen Hilfen

Kerstin Steller liebt ihren Beruf. Die Wentorfer Logopädin ist glücklich, wenn sie Menschen helfen kann, wie beispielsweise einer 95-Jährigen: Die Dame war nach einem Krankenhausaufenthalt ins Pflegeheim gekommen, weil sie mit einer Magensonde ernährt werden musste. "Ich habe sie einige Wochen beim Essen begleitet und mit ihr geübt", berichtet Steller. Denn Logopäden unterstützen nicht nur bei Sprech- und Stimm-, sondern auch bei Schluckstörungen. Was viele nicht wissen: Etwa 30 Prozent der Patienten sind Erwachsene.

"Doch manchmal schäme ich mich ein bisschen für das Geld, mit dem meine Mitarbeiterinnen nach Hause gehen", sagt Kerstin Steller. Für einen hoch qualifizierten Beruf mit teurer Ausbildung erhalten sie etwa 2000 Euro brutto. Steller würde ihr geschätztes Team gern besser entlohnen - wenn sie könnte. Doch die Honorare sind von den Krankenkassen festgesetzt. "Wir erhalten 34 Euro pro geleisteter dreiviertel Therapiestunde am Patienten", sagt die Logopädin. "Das klingt nicht schlecht, doch jede Therapieeinheit erfordert viel Vor- und Nachbereitung." Die werde auf dem Rücken der Logopädinnen - die meisten sind weiblich - finanziert. Angemessen wären ihrer Ansicht nach 45 bis 50 Euro pro Therapieeinheit. "Viele Praxen kommen daher kaum über die Runden."

Eine bessere Bezahlung wäre auch wichtig, um die Versorgung zu gewährleisten. Deshalb geben sich zurzeit die Bundestagskandidaten in ihrer Praxis die Klinke in die Hand, um sich zu informieren. Für morgen hat der Deutsche Bundesverband für Logopädie Konstantin Notz (Bündnis 90/Die Grünen) nach Wentorf eingeladen. Dr. Nina Scheer (SPD), Norbert Brackmann (CDU) und Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) waren schon da.

In die Situation, die Hilfe einer Logopädin zu brauchen, kann jeder kommen: Viele von Stellers Patienten sind Erwachsene, viele von ihnen haben einen Schlaganfall oder neurologische Krankheiten erlitten. Aufgrund der demografischen Entwicklung nehmen diese Fälle noch zu.

Von der alten Dame erzählt Steller: "Bei meinen Hausbesuchen habe ich mit der Patientin geübt und ihre Angehörigen beraten. Sie hat zwei engagierte, erwachsene Kinder, die sehr motiviert mitgemacht haben. Heute - nach etwa einem halben Jahr - ist sie nach Hause zurückgekehrt und kann zufrieden am Tisch sitzen und essen. Ich war schwer beeindruckt."

Sicher würden nicht alle Fälle so glücklich verlaufen, aber Logopäden könnten viel tun, um die Lebensqualität auch älterer Menschen zu verbessern. "Schlucken übt sich nur durch Schlucken", stellt die Expertin fest. Darüber hinaus können beispielsweise Kältereize helfen, die Schluckreflexe anzuregen. Schlucken, während jemand mit der Hand gegen die Stirn drückt, hilft, die Muskulatur im Rachenraum zu stärken. Außerdem übt Steller mit den Patienten kräftiges Räuspern nach dem Schlucken: "Das ist wichtig, weil die Gefahr besteht, dass Nahrung in den Kehlkopf und so in die Lunge gerät." Häufig eine Ursache für eine gefährliche Lungenentzündung. "Deshalb sollten kranke Menschen nie im Liegen trinken", rät die Expertin.

Das Wissen, auf das die Fachfrauen zurückgreifen, ist komplex: Körperhaltung, Atmung, Muskulatur, Anspannung, Reflexe - das und noch viel mehr wirkt sich auf die Kommunikation aus. Seit seinen Anfängen als einfacher Heilhilfsberuf hat sich der Beruf der Logopäden sehr gewandelt und weiterentwickelt. Die Folge sind verpflichtende Fortbildungen, die die Logopäden ebenfalls finanzieren. An einigen Hochschulen kann man mittlerweile Logopädie studieren. Zudem zwingt das Kostendämpfungsgesetz die Kassen dazu, Honorare nur in Anlehnung an die Grundlohnsumme zu erhöhen. Deshalb sind die Preise für logopädische Leistungen heute inflationsbereinigt niedriger als vor zehn Jahren. Steller und ihre Kolleginnen wünschen sich nur eines: mehr Anerkennung für ihren Beruf.