Wotersen. Vor der Kulissen der „Guldenburgs“ gibt es beim Musikfest ein großes Picknick der Klassikfreunde. Welcher Höhepunkt noch folgt.

Klassische Musik vom Feinsten, filmreifes historisches Ambiente und ganz viel Platz, um den Sommer bei einem Picknick zu genießen: Diesen Mix bieten die beliebten „Musikfeste auf dem Lande“ beim Schleswig-Holstein Musikfestival (SHMF). Seit vielen Jahren dabei und längst kein Geheimtipp mehr ist Gut Wotersen. Am Wochenende 12./13. August war es wieder einmal so weit, und viele Hundert Besucher kamen zum Schlemmen unter freiem Himmel und zum Musikhören.

Während es am Sonnabend immer mal wieder Regenschauer gab, die die Besucher unter die Pavillons trieben, zeigte sich der Sommer am Sonntag von seiner besten Seite. Strahlender Sonnenschein und Temperaturen um 21 Grad sorgten für perfektes Picknickwetter.

Musikgenuss und Leckereien im historischen Ambiente

„Wir sind in Wotersen Ersttäter und finden es hier sehr schön. Wir haben so eine Veranstaltung schon einmal vor drei Jahren auf Gut Ehmkendorf besucht, und das hat uns sehr gut gefallen“, sagte Jann Franken (75), der mit Ehefrau Susanne (71) kam. Mit dabei hatten die beiden Neumünsteraner das Ehepaar Hanna und Hans-Erich Liermann (beide 70), die eine große Kühltasche und eine Kühlbox mitgebracht hatten. In den Pausen gab es Weintrauben, Käse, Oliven und Prosecco. „Wasser haben wir natürlich auch dabei“, scherzte Hans-Erich Liermann.

„Besonders freuen wir uns auf Daniel Hope“, sagte Susanne Franken. Und die beiden Ehepaare wurden nicht enttäuscht. Daniel Hope ist ein irisch-deutscher Geiger, der in England aufgewachsen ist, und am Wochenende den musikalischen Schwerpunkt auf Wotersen gestaltete. Er wurde unter anderem durch seine Zusammenarbeit mit Yehudi Menuhin und als Mitglied des Beaux Arts Trios bekannt, aber auch als Initiator musikalischer Projekte, Moderator in Fernseh- und Hörfunksendungen und als Autor mehrerer Bücher.

Virtuoser Violinist Daniel Hope begeistert auf Gut Wotersen

In Wotersen war der 49-jährige Violinist mit seiner Hope Academy zu Gast und begeisterte unter anderem mit Georges Bizets „Jeux d’enfants“, dem 2. Satz aus Claude Debussys Streichquartett g-Moll und dem 4. Satz aus dem Klavierquartett g-Moll op. 25 von Johannes Brahms.

Der Violinist saß auch der Jury vor, die am Sonntag den mit 5000 Euro dotierten Förderpreis der Sparkassen-Finanzgruppe nach einem zweistündigen Vorspiel der Bewerber vergab. Der Preis ging an die Schwestern Maya Alexandra und Julia Raphaela Kasprzak. Den mit 500 Euro dotierten Publikumspreis konnten sich Benedikt Dan und Marc Strokov sichern.

Förderpreise für zwei begnadete Geigerinnen

Preisträgerin Maya Alexandra Kasprzak, geboren 2005 in Hannover, erhielt ihren ersten Geigenunterricht im Alter von vier Jahren. Von 2017 bis 2022 war sie Jungstudentin an der Universität der Künste Berlin bei Latica Honda-Rosenberg, seit 2022 studiert sie an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig bei Tobias Feldmann.

Ihre Schwester Julia Raphaela Kasprzak, geboren 2008, bekam ihren ersten Violinunterricht im Alter von drei Jahren von ihrem Vater Wienczyslaw Kasprzak. Mit acht Jahren wurde sie als Jungstudentin ebenfalls in die Klasse von Latica Honda-Rosenberg aufgenommen, wo sie bis zum Sommer 2022 studierte. Im Herbst 2022 wechselte sie wie ihre Schwester zu Tobias Feldmann nach Leipzig.

Das Musikfest auf dem Lande auf Schloss Wotersen lockte zahlreiche Besucher. 
Das Musikfest auf dem Lande auf Schloss Wotersen lockte zahlreiche Besucher.  © Stefan Huhndorf

Wotersen gilt bei Klassikfans nicht nur wegen der hochklassigen Konzerte als Hotspot des SHMF. Die Reithalle aus dem 19. Jahrhundert ist akustisch hervorragend für Konzerte geeignet, und der angrenzende Remisenhof sowie die ausgedehnten Rasenflächen laden während der Pausen zum Verweilen ein. Das nutzten nicht nur die beiden Ehepaare aus Neumünster, sondern auch viele andere Besucher. Wer sich sein Picknick nicht selbst mitgebracht hatte, konnte auf die Gastronomie des Gutes zurückgreifen.

Das Gut wurde Ende der 1980er Jahre schlagartig durch die Fernsehserie „Das Erbe der Guldenburgs“ bekannt. 1996 ging das Gut nach fast 300 Jahren im Besitz der Familie von Bernstorff an das Ehepaar Gaedeke über, die auch das SHMF auf das historische Gelände holte. Das schlossartige Herrenhaus wurde Mitte des 18. Jahrhunderts umgebaut. Hinter dem Schloss erstreckt sich ein riesiger Landschaftspark mit uraltem Baumbestand. Der Park ist nur während des Musikfests für Besucher geöffnet.

Das nächste Highlight im SHMF-Veranstaltungskalender folgt gleich am Sonntag, 20. August, ab 11 Uhr mit dem Kindermusikfest. Es ist ebenfalls ein beliebtes Event, bei dem seit vielen Jahren schon ganz kleine Fans spielerisch an die Musik herangeführt werden. Klanginstallationen mit Gummistiefeln, Rasseln, Glocken und Kochtöpfen locken zum Ausprobieren. Zudem gibt es die Aufführung „Die kleine Meerjungfrau“ mit Juri Tetzlaff und den süddeutschen Bläsersolisten „ProFive“. Der Eintritt kostet 18 Euro, Kinder zahlen 9 Euro. Allerdings gibt es eine Warteliste für die Karten (www.shmf.de, Konzertnummer: KMF 1)