Schwarzenbek. Von Sonnabend an wollen die VHH auf den fünf Linien nun ausschließlich Elektrobusse einsetzen. Ein Vorbild für den gesamten Kreis?

Der Start war holprig, trotzdem entwickelt sich die Stadtbuslinie in Schwarzenbek zu einem Erfolgsmodell. „Unsere Fahrer zählen die Fahrgäste, wir haben im Schnitt 300 am Tag. Wir gehen davon aus, dass diese Zahl noch deutlich ansteigen wird“, sagte Anne Prüfer von Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein (VHH) am Freitag bei einem Ortstermin am Schwarzenbeker Bahnhof.

Denn von Sonnabend an wird das Realität, was eigentlich schon zum Start der fünf innerstädtischen Buslinien geplant war: Der Verkehr läuft leise, klimafreundlich und emissionsfrei mit E-Bussen. Der Probebetrieb ist beendet, jetzt sind nur noch Elektrobusse der Marke VDL Midcity Electric zu einem Stückpreis von rund 260.000 Euro im Einsatz.

Flüsterleise und umweltfreundlich zum Bahnhof stromern

Die Fahrzeuge werden an drei Ladestationen mit insgesamt sechs Anschlüssen auf dem Schwarzenbeker Bauhof aufgeladen. Die entsprechende Infrastruktur hatte die Stadt geschaffen, weil auch der Fuhrpark des Bauhofs nach und nach auf Elektrofahrzeuge umgerüstet werden soll, die dort ebenfalls Strom tanken können.

„Das Aufladen dauert zwei Stunden, danach können die Busse 130 Kilometer zurücklegen. Das ist im Stadtverkehr absolut ausreichend“, so Anne Prüfer. Eigentlich sollten die Busse bereits zum Start des Stadtbusverkehrs im Dezember 2022 gleich nach dem Fahrplanwechsel eingesetzt werden. Doch damals gab es Probleme mit den Akkus. Es gab Wasserschäden an den Stromspeichern. Deshalb mussten die Busse auf Kosten des Herstellers nachgerüstet werden, jetzt laufen sie laut VHH aber problemlos. In der Übergangszeit kamen die unterschiedlichsten Typen von Dieselbussen zum Einsatz, die die VHH angemietet hatten.

Beschwerden aus Rülau und Forsthof, weil Busse dort nicht fahren

„Man merkt, dass immer mehr Menschen die Stadtbusse nutzen, weil es am Bahnhof plötzlich freie Parkplätze gibt. Das war früher nicht der Fall“, betonte CDU-Stadtvertreter Roman Larisch. „Es gab am Anfang das Argument, dass es vor vielen Jahren bereits einen Stadtbus in Schwarzenbek gab, der nicht angenommen wurde. Mit unserem neuen Angebot beweisen wir das Gegenteil“, so Bürgermeister Norbert Lütjens.

Er habe sogar Beschwerden aus den Wohngebieten Rülau und Forsthof bekommen, weil der Stadtbus dort nicht fährt. „Wir haben diese Bereiche bei der Streckenplanung ausgeklammert, weil in unmittelbarer Nähe überörtliche Busse halten, die die Menschen auch ins Stadtzentrum und zum Bahnhof bringen“, so der Verwaltungschef.

Stadtbus schafft perfekte Verbindung zum überörtlichen Verkehr

„Wir sind mit der Akzeptanz der Buslinien sehr zufrieden. Es war unser Ziel, eine Anbindung an den Bahnhof und an überörtliche Buslinien beispielsweise nach Lauenburg und Mölln zu schaffen, damit mehr Menschen vom Auto auf den Öffentlichen Personennahverkehr umsteigen“, sagte Andrew Yomi, Nahverkehrsplaner in der Kreisverwaltung.

Bürgermeister Norbert Lütjens (r.) probiert das neue Stadtbusangebot aus. Bei Busfahrer Andreas Scheske hat er einen Fahrschein gelöst.
Bürgermeister Norbert Lütjens (r.) probiert das neue Stadtbusangebot aus. Bei Busfahrer Andreas Scheske hat er einen Fahrschein gelöst. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

Aktuell fahren fünf Busse täglich im Stundentakt auf fünf Linien. Besonders stark genutzt sind die Hauptverkehrszeiten, wenn die Pendler aus den Wohngebieten zum Bahnhof oder zurück wollen. Auch die Linien, die an den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen an der Industriestraße oder der Röntgenstraße halten, sind sehr stark frequentiert.

„Natürlich gibt es auch Zeiten, beispielsweise um 10 oder 11 Uhr, wenn nur wenige Menschen in den Bussen sitzen. Es ergibt aber keinen Sinn, den Verkehr in diesen Zeiten auszudünnen, weil das eine Abwärtsspirale in der Nutzung der Busse bewirken könnte, wenn der verlässliche Stundentakt eingeschränkt wird“, weiß Yomi aus Erfahrung.

Das Ticket für den Bus gibt es für 1,90 Euro beim Fahrer

Die Nutzung der Busse im Innenstadtbereich kostet 1,90 Euro. Karten gibt es mittlerweile beim Fahrer. Das war in der Übergangszeit, als die Dieselbusse zum Einsatz kamen, nicht so. Nun liegt es an den Schwarzenbekern, ob der Stadtbus ein Erfolgsmodell bleibt. Denn der Pilotversuch läuft zunächst für zwei Jahre bis zum Dezember 24.

Der Betrieb kostet in diesem Zeitraum etwa 1,7 Millionen Euro, davon übernimmt der Bund mit einem Zuschuss in Höhe von 1,1 Millionen Euro den Löwenanteil. Der Zuschuss von Stadt und Kreis reduziert sich über den Fahrkartenverkauf. Inhaber einer Monatskarte des HVV oder des 49-Euro-Tickets können die Busse ebenfalls nutzen. Positiver Begleiteffekt der E-Busse: „Sie sind absolut geräuschlos. Da sie überwiegend in Wohngebieten und auch schon in den frühen Morgenstunden und abends eingesetzt werden, ist das ein unschlagbarer Vorteil gegenüber lauten Diesel-Bussen“, so Yomi.

„Wir sind sehr gespannt auf dieses Modell, weil es unser Ziel ist, den gesamten Busverkehr im Kreisgebiet auf E-Mobilität umzustellen. Das ist eine große Aufgabe, und sie wird auch zehn Jahre dauern. Aber die ersten Weichen haben wir im Kreistag bereits gestellt“, sagte Norbert Brackmann (CDU), der in seiner Funktion als Erster Kreisrat in Vertretung von Landrat Christoph Mager nach Schwarzenbek gekommen war.

Langfristig sollen alle Busse im Kreisgebiet elektrisch fahren

„Der Umbau des ÖPNV auf E-Mobilität wird einen hohen zweistelligen Millionenbetrag kosten, aber er ist langfristig alternativlos“, ergänzte Yomi. Bislang fehlen aber nicht nur E-Busse, die doppelt so teuer wie dieselbetriebene Fahrzeuge sind. Auch die Infrastruktur mit einer entsprechenden Zahl von Ladesäulen und vor allem mit leistungsfähigen Stromleitungen muss geschaffen werden.

„Wir werden im Kreis einen Netzverknüpfungspunkt bekommen, mit dem regenerativ erzeugter Strom über neue Trassen nach Süden transportiert werden soll. Damit bekommen wir einen Überfluss an Öko-Strom, den wir auch hier für die E-Mobilität nutzen können“, betonte Brackmann. Der genaue Standort des Netzverknüpfungspunktes steht noch nicht fest, er wird aber in der näheren Umgebung von Schwarzenbek liegen. Es ist ein Standort bei Talkau im Gespräch, ein weiterer liegt zwischen Schwarzenbek und Elmenhorst.

Denn leistungsfähige Stromverbindungen sind wichtig. Bislang fahren im Kreis neben den fünf Schwarzenbeker Bussen nur die Elektrobusse der VHH auf der Strecke von Bergedorf nach Geesthacht umweltfreundlich. Aufgeladen werden sie auf dem Betriebshof in Bergedorf, weil dort direkt nebenan ein großes Umspannwerk liegt, das den erforderlichen Strom liefert.

Auch in Schwarzenbek war die Stromversorgung ein Problem. Die Stadt musste allein 113.000 Euro in eine sogenannte Mittelspannungsstation investieren, ohne die ein Aufladen der fünf Busse nicht möglich gewesen wäre. Mit sogenannten Wallboxen wie für elektrisch betriebene Pkw ist es bei Bussen nicht getan.