Wotersen. Allmählich erholt sich die Tourismusbranche von der Corona-Pandemie und steht vor neuen Problemen. So wollen Experten reagieren.

Der Tourismus im Herzogtum Lauenburg nimmt wieder an Fahrt auf: Mit knapp 511.000 Übernachtungen konnte die Herzogtum Lauenburg Marketing & Service GmbH (HLMS) für 2021 einen Anstieg um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnen (gezählt werden nur Beherbergungsbetriebe mit mehr als 10 Betten). Vom Vor-Corona-Jahr 2019 ist diese Zahl jedoch noch weit entfernt: Damals wurden 700.000 Übernachtungen gezählt. Im laufenden Jahr wird diese Zahl nicht erreicht, mit 285.000 Übernachtungen im ersten Halbjahr sind die Tourismusexperten jedoch zufrieden.

Corona-Pandemie hat Fachkräftemangel verstärkt

Doch mit Werbung für die Region allein ist es nicht getan. „Unsere Aufgabe verschiebt sich derzeit vom Marketing zum Management“, sagt HLMS-Chef Günter Schmidt. Schuld daran ist ebenfalls die Corona-Pandemie, die das Problem des Fachkräftemangels in der Branche noch verstärkt hat.

Schmidt: „Betriebe reagieren darauf zum Teil mit Ausweitung der Ruhetage, kürzeren Öffnungszeiten oder der Reduktion von Service.“

Betriebe fit machen für die Rekrutierung von Nachwuchs

Diese Probleme will die Tourismusorganisation gemeinsam mit den Betrieben angehen: Bereits im Vorjahr hat es einen Fachkräftetag Tourismus in Mölln gegeben, der gemeinsam mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises (WFL) und der IHK zu Lübeck organisiert wurde.

Dabei ging es nicht um die Vermittlung von Stellen, sondern um die oft kleinen Betriebe fit zu machen für das Rekrutieren von Nachwuchs. Daraus entstanden ist eine Expertenrunde aus Praktikern, Mitgliedern der Institutionen und Schulen, die Ideen zu den Themen Praktikum, Ausbildung und Weiterbildung entwickeln sollen.

Welcome-Event für Gastro- und Hotellerie-Azubis

„Erstmals wird es am 28. September ein Welcome-Event für die Azubis der Branche geben“, freut sich Carina Jahnke, Projektleiterin der HLMS. Die Azubis des ersten Lehrjahres sind zunächst zum Frühstück ins Ratzeburger Hotel Zum Seehof eingeladen, anschließend gibt es eine gemeinsame Kanutour, und zum Ausklang in der Kutscherscheune in Groß Zecher sind dann auch die Auszubildenden des zweiten und dritten Lehrjahres dabei.

„Die Azubis sind ja zumeist in ihren Betrieben, besuchen unterschiedliche Berufsschule und kennen sich gar nicht“, setzt Jahnke auch bei den Mitarbeitenden auf den Netzwerk-Gedanken.

Ausbilderschein bietet viele Möglichkeiten

Begeistert von einem weiteren Projekt ist die Dehoga-Vorsitzende Anke Asmus, die in Wotersen die Gaststätte Heitmann betreibt. Gemeinsam mit Carina Jahnke und sechs Berufskollegen hat sie im Frühjahr am Möllner Berufsbildungszentrum (BBZ) ihren Ausbilderschein gemacht. Im Handwerk ist diese Qualifikation Teil der Meisterprüfung, doch in der Gastronomie ist der Meisterbrief nicht die Regel.

„Die älteren Betriebsinhaber schließen ihre Betriebe und fallen als Ausbilder weg und denen, die versuchen den Schein zu machen, werden Abendkurse angeboten. Das ist in unserem Beruf aber nicht möglich“, so Asmus. Das BBZ bot den dreimonatigen Kursus am Montagnachmittag an, ein weiterer Kursus ist für 2023 geplant.

Energiepreise sind auch für Restaurants großes Problem

„Ich weiß jetzt, wie aufwendig das Tischdecken ist“, sagt Carina Jahnke, die jedoch nicht vorhat, die Branche zu wechseln: Sie benötigt den Ausbilderschein, weil auch die HLMS im kommenden Jahr erstmals einen Ausbildungsplatz anbieten will. Asmus einzige Auszubildende ist derzeit Tochter Annika. Neben ihr helfen im Traditionsbetrieb noch die Eltern und 450-Euro-Kräfte mit. Asmus: „Ich habe ein hochmotiviertes Team von zehn jungen Leuten.“

Für Asmus sind die hohen Energiepreise das größte Problem der Branche: „Ich koche mit Gas, brauche aber auch Strom. Denn ohne die elektrische Dunstabzugshaube, die direkt mit dem Herd verbunden ist, darf ich nicht kochen.“ Die Köchin versucht zudem, alte Gefriertruhen durch neuere zu ersetzen, hat bereits Solarmodule für die Warmwasserversorgung auf dem Dach der Gaststätte. Jetzt überlegt sie, auch Fotovoltaik-Module nachzurüsten: „Ohne eine Bank, die das finanziert, geht das aber nicht.“

Seit 18 Jahren kooperieren Kreissparkasse und Tourismus-Organisation. Jetzt verlängerten sie in Wotersen ihre Partnerschaft. „Es geht darum, den Kreis als Tourismusstandort attraktiv zu halten, denn Tourismus ist ein Wirtschaftsfaktor“, so KSK-Vorstand Udo Schlünsen, der die neuen Aufgabenstellungen der HLMS für richtig hält: „Die Diskussion zeigt, wie wichtig es ist, nicht nur Marketing, sondern auch Tourismus-Management zu betreiben.“

Info: Herzogtum Lauenburg Marketing und Service GmbH

Das Tourismusmarketing auf professionelle Füße stellen und somit generell den Wirtschafts- und Wohnstandort Herzogtum Lauenburg stärken: Mit diesem Verständnis nahm die Herzogtum Lauenburg Marketing und Service GmbH (HLMS) im Jahr 2002 ihre Geschäftstätigkeit auf. Die Erstellung von Programmen und die Präsenz auf Tourismus-Messen gehören zum Auftrag. Neben dem Kreis als Hauptgesellschafter sind die Städte Geesthacht, Lauenburg, Mölln und Ratzeburg sowie das Amt Büchen und die Gemeinden Berkenthin und Krummesse dabei.

Auf der operativen Ebene sind neben den Tourist-Informationen der Städte, dem Naturpark Lauenburgische Seen oder der Kreissparkasse (KSK) zahlreiche Partner in die Kampagnen und Marketing-Maßnahmen eingebunden. Die HLMS hat Ihren Firmensitz in Mölln und betreibt die Tourist-Informationen in Ratzeburg, Geesthacht und Lauenburg/Elbe. Seit 2014 ist die HLMS zudem für das Tourismusmanagement Stormarn mit einem Büro in Bad Oldesloe verantwortlich.