Letzter Heiratsball: Kleines Schwarzes und Anzug: Noch einmal feiern 350 Gäste in Schröders Hotel

Schluss, aus, vorbei: Nach mehr als 100 Jahren wurde am Wochenende der letzte Heiratsball in Schröders Hotel an der Compestraße gefeiert. "Heute herrscht hier eine ganz besondere Stimmung", merkte "Türsteher" Gerd Iding bereits bei der Ankunft der Gäste. "Es sind viele hier, die auch schon vor 20 oder 30 Jahren da waren. Sie wollen wohl noch einmal in Erinnerungen schwelgen", sagt der 63-Jährige.

Nachdem die Zahl der Besucher zuletzt immer weiter zurückgegangen war, hatte Hotelier Hans Schröder entschieden, in diesem Jahr wie gewohnt am 27. Dezember zum traditionsreichen Heiratsball einzuladen - allerdings zum letzten, zumindest vorerst. "Wir werden eine Pause einlegen und gucken, ob und wie es weitergehen könnte", sagt er.

"Seit ich 17 bin, war ich bis auf zwei Unterbrechungen jedes Jahr auf dem Heiratsball. Es war immer sehr schön", sagte Frederike Kahl (27) etwas wehmütig. Und weiter: "Es ist wirklich sehr bedauerlich, dass es nun vorbei sein soll, aber ich kann es aus kaufmännischer Sicht natürlich auch verstehen, wenn es einfach nicht mehr so passt."

Genau das ist der Grund, weshalb Schröder jetzt eine Pause einlegt. "Früher konnte man hier kaum umfallen, da kamen 800 Gäste", erinnert er sich. Diesmal zählte er gut 350 Besucher. Für viele Gäste ist der Heiratsball aber auch immer so etwas wie ein großes Klassentreffen. "Hier hat man Freunde wiedergesehen, die sonst überall auf der Welt verstreut leben, die aber an Weihnachten ihre Familien in der Schwarzenbeker Heimat besuchen und sich dann alle auf dem Ball wiedergesehen haben", sagte Frederike Schmidt. Die 29-Jährige lebte früher in Kollow und machte in der Europastadt ihr Abitur. Klar, dass die Lehrerin aus Hamburg am Sonnabend mit vielen ehemaligen Mitschülern auf den letzten Heiratsball anstieß.

Unter den Besuchern waren diesmal auch Debbie und Thomas Timm aus Lauenburg. Obwohl die Betreiber des "Hotel Bellevue" in drei Wochen Eltern werden, wollten sie sich das Spektakel im Saal ihres Schwarzenbeker Kollegen nicht entgehen lassen. "Es scheint einfach nicht mehr die Zeit für solche Traditionen zu sein", resümierte Timm. Das meint auch Schröder. "Früher war der Heiratsball zur Weihnachtszeit die einzige Veranstaltung. Heute öffnen die Diskotheken zwischen dem 4. Advent und Neujahr täglich, es gibt überall Partys", berichtet Schröder. Doch der Heiratsball lockte eher mit seinem besonderen Ambiente: Die Damen im "kleinen Schwarzen, die Herren im Anzug, dazu Musik der Band "Vis-à-Vis" - etwas Vergleichbares gibt es in der Region nicht noch einmal.

"Einige Besucher, die früher als Single schon bei uns waren, sind jetzt noch einmal als Paar da. Die berichteten mir teilweise davon, dass sie jetzt vor der Herausforderung standen, einen Babysitter zu finden", erklärt Schröder. Eine schöne Beobachtung - doch es fehlt einfach an neuen jungen Gästen, sodass sich die Organisation des Balls nicht mehr rechnet.