Beratungsstelle: Immer mehr Frauen suchen Rat in Lebenskrisen - gerade auch in der Weihnachtszeit

"O du fröhliche" - weihnachtliche Melodien sind jetzt überall zu hören. Doch in manchen Familien sieht es gerade auch zur Weihnachtszeit ganz anders aus. "Gerade finanzielle Probleme führen jetzt oft zu Streit und Gewalt", sagt Ulrike Lappat vom Verein "Hilfe für Frauen in Not e.V.". Sie hat den Verein vor 17 Jahren mit aufgebaut und startete damals mit 50 Beratungsterminen im Jahr.

Im Jahr 2013 werden es wohl 1000 Beratungen sein. Die Zahlen sind steigend: 925 Beratungstermine zählten die Sozialpädagogin und ihre Kollegin Sabine Wöhl im Jahr 2012, ein Jahr zuvor waren es 900. Das scheint nur ein leichter Anstieg zu sein, doch der Schein trügt. Die dahinter stehende Zahl der Hilfe suchenden Frauen wuchs in diesen beiden Jahren von 215 auf 324 an. Ein Drittel von ihnen suchte Rat wegen häuslicher oder sexualisierter Gewalt. Trennung und Scheidung, die Probleme beim Umgangs- und Sorgerecht mit Kindern und Ex-Partnern sowie Bedrohung und Stalking sind weitere häufige Themen.

Der Verein ist kreisweit von der Pröschstraße 1 aus tätig. Alle zwei Wochen gibt es auch Beratungsgespräche in Geesthacht und Ratzeburg und - weil Frauen aus dem Nordkreis noch zu selten den Weg nach Schwarzenbek finden - seit Mai 2012 auch eine Sprechstunde in Mölln. Die Beraterinnen besuchen auch die internationalen Frauenfrühstückstreffen in Mölln und Ratzeburg, um mehr Migrantinnen zu erreichen. Die kämpfen häufig mit Multi-Problematiken: geringe Deutschkenntnisse, fehlendes soziales Netzwerk, kaum Außenkontakte, finanzielle Nöte, Ärger mit Behörden und - durch das Gefühl der Ausweglosigkeit - auch verstärkt Depressionen und Suchtprobleme.

Der Zeitpunkt der Trennung ist weltweit der gefährlichste Moment im Leben einer Frau. "In so einer Extremsituation kochen die Emotionen über. Das kann zu Gewalt führen", sagt Sabine Wöhl. Frauen sind indes heute mutiger, ihre Bedrohung zu benennen und sich zu trennen. "Viele rufen vorher an, um sich Rat zu holen", erklärt Ulrike Lappat die steigenden Zahlen. In manchen Fällen helfen Beratungsgespräche, oft sind sie aber auch nur der Ausgangspunkt für weitere Hilfsangebote wie Therapien, Paarberatungen, psychologische Betreuung oder im Zweifelsfall auch eine Trennung und den Weg ins Frauenhaus.

Erlebte Gewalt belastet ein Leben lang. "Wer in der eigenen Familie erlebt, dass Konflikte mit Gewalt gelöst werden, entwickelt psychische Probleme", sagte Sabine Wöhl. Laut einer Studie hat die Hälfte der betroffenen Frauen schon in der Herkunftsfamilie gewalttätige Übergriffe erlebt. Um Gewalt in Beziehungen zu stoppen gibt es das Mittel der polizeilichen Wegweisung nach dem Motto: Wer schlägt, der geht. Die Distanz des Paares ermöglicht eine Unterbrechung der Gewaltspirale. 2012 gab es in Schleswig-Holstein 2563 polizeiliche Einsätze wegen häuslicher Gewalt, bei denen 434 Täter der gemeinsamen Wohnung verwiesen wurden.

Die Polizei kann den Täter für maximal zwei Wochen aus der Wohnung verweisen. Mit Einverständnis der Opfer werden die Frauenberatungsstellen benachrichtigt. Diese nehmen innerhalb von 24 Stunden Kontakt auf und bieten ihre Unterstützung an. Ein Familiengericht kann dann auf Antrag beschließen, dass die Frau bis zu sechs Monate in der Wohnung bleiben kann, ohne dass der Mann sie betreten darf. Inhalt des Beschlusses kann zum Beispiel auch sein, dass dem Mann untersagt wird, sich dem Kindergarten der Kinder zu nähern. "Im Nachhinein empfinden viele Frauen die Wegweisung als Rettung", sagt Ulrike Lappat.

Es müssen aber nicht immer Schläge sein, unter denen Frauen zu leiden haben. Die Sozialpädagoginnen haben festgestellt, dass die Formen von Gewalt immer subtiler werden. "Das Thema Mobbing, aber auch Stalking nimmt zu", so Wöhl. Auch versuchen Männer Kontrolle auszuüben, indem sie ihre Partnerinnen von Freunden und Eltern isolieren oder finanziell unter Druck setzen. "Ich zahle dir nichts, wenn du gehst", ist eine häufige Aussage, dabei ist die Unterhaltspflicht im Trennungsjahr gesetzlich geregelt.