Lauenburg. Wie hat man anno dazumal gearbeitet? Die Tage der Industriekultur informieren darüber. Eine spannende Tour durch Lauenburg.

Was vor wenigen Jahrzehnten Hochtechnologie war, ist heute oft museumsreif. Längst betrachten wir Werften, Fabriken und Schleusen, die von der technischen Entwicklung überholt und trotzdem erhalten geblieben sind, mit anderen Augen – nicht mehr als ausgedientes Inventar einer überwundenen Ära. Zu den Tagen der Industriekultur am Wasser am 23. und 24. September, können sich Interessierte darüber informieren.

Manchmal lohnt es sich sogar, die Techniken von damals genauer unter die Lupe zu nehmen. Hätte man Lauenburgs Stadtvätern vor über 100 Jahren erzählt, sie würden Vorreiter in Sachen Klimaschutz sein, hätten sie wohl verständnislos den Kopf geschüttelt. Ihnen ging es schlichtweg darum, den steigenden Bedarf an Energie in der Schifferstadt zu decken. Mit der Einweihung des Elektrizitätswerkes an der Palmschleuse begann im Jahr 1920, einen Tag vor Weihnachten, die Geschichte der Elektrifizierung in Lauenburg.

Tage der Industriekultur informieren über die Technik von damals

Das alte E-Werk ist heute ein technisches Denkmal. Bevor das Elektrizitätswerk überhaupt gebaut werden konnte, hatte die Stadt das Recht kaufen müssen, überschüssiges Wasser aus dem Elbe-Lübeck Kanal zu nutzen. Das Wasser wurde durch das Gebäude geleitet und trieb eine Turbine an. Bereits 1926 wurde der Bau erweitert und bot nun Platz für drei weitere Dieselmotoren samt Generatoren. Sechs Kolben mit insgesamt 184 Litern Hubraum erzeugten eine Leistung von 300 PS. Der gesamte Prozess wurde damals von zwölf Mitarbeitern per Hand geregelt. Die Messwertschreiber hatten sie dabei immer im Blick: Wurde wenig Strom gebraucht, konnten sie die Produktion reduzieren, stieg der Verbrauch wurde ein Dieselgenerator zugeschaltet.

Das alte E-Werk an der Palmschleuse ist heute technisches Museum.
Das alte E-Werk an der Palmschleuse ist heute technisches Museum. © Tomaszewski | Tomaszewski

In den 1950er-Jahren konnte das Kraftwerk den Strombedarf nicht mehr vollständig decken, überregionale Großkraftwerke versorgten die Stadt. Doch bis zum Anfang der 80er-Jahre lief die Anlage als Spitzenkraftwerk. Ehemalige Mitarbeiter erzählen noch heute, dass montags der Stromverbrauch immer deutlich anstieg. Es hatte sich nämlich eingebürgert, dass an diesem Tag die Lauenburger am häufigsten Wäsche wuschen.

Vor 40 Jahren stellte das E-Werk an der Palmschleuse seinen Betrieb endgültig ein. Im Jahre 2011 weckten es Lauenburger Technikfreunde aus dem Dornröschenschlaf. Seit 2013 kümmert sich der Verein zur Förderung des Elbschifffahrtsmuseums um das technische Kleinod. Führungen durch das E-Werk gibt es am Sonnabend und Sonntag, jeweils zwischen 10 und 17 Uhr.

Stecknitzfahrt – technisches Wunder des Mittelalters

Auch viele Jahrhunderte vorher gab es schon technische Lösungen, die uns noch faszinieren. Am Sonnabend, 23. September, können sich Interessierte auf eine Radtour begeben. Unter dem Motto „Von der Stecknitzfahrt zum Elbe-Lübeck-Kanal“ erfahren sie Wissenswertes über die Geschichte der künstlichen Wasserstraßen. Die Stecknitzfahrt gilt als eine der größten Meisterleistungen des Mittelalters. In einem Vertrag einigten sich 1390 die Hansestadt Lübeck und Herzog Erich IV. von Sachsen Lauenburg über den Bau des Kanals.

Nach siebenjähriger Bauzeit wurde bereits 1398 die Ankunft von mehr als 30 Schiffen gefeiert. Sie waren die ersten, die das wertvolle Salz aus der Lüneburger Saline in die Hansestadt brachten. Als Gewürz und Konservierungsmittel war Salz jahrhundertelang eines der wichtigsten Handelsgüter, dem Städte wie Lüneburg und Lübeck ihre Macht und ihren Reichtum verdanken.

Von hier aus wurde das „Weiße Gold“ in den gesamten Ostseeraum verschifft. Damit begann die Geschichte der insgesamt 93 Kilometer langen Wasserstraße mit 17 Schleusen. Am 1. September 1996 befuhr der letzte Stecknitzkahn diese historische Wasserstraße. Treffpunkt für die Radtour ist um 14.30 Uhr in Lauenburg an der Palmschleuse.

Solche Schiffe brachten über Jahrhunderte das Lüneburger Salz nach Lauenburg. das Model steht im Deutschen Salzmuseum in Lüneburg.
Solche Schiffe brachten über Jahrhunderte das Lüneburger Salz nach Lauenburg. das Model steht im Deutschen Salzmuseum in Lüneburg. © Steinberg | Steinberg

Geführter Rundgang zur Industriekultur in Lauenburg

Vor fünf Jahren war Lauenburg nach Neumünster und Schwerin die dritte Stadt in der Metropolregion Hamburg, die einen Flyer zur „Route der Industriekultur“ aufgelegt hat. Damit haben Technikfreunde jederzeit die Möglichkeit, sich selbst auf die Spuren der technischen Errungenschaften von anno dazumal zu begeben. Wer dazu gern ein paar Erläuterungen hätte, sollte sich der geführten Tour am Sonntag (24. September) anschließen. Treffpunkt ist um 14.30 Uhr am Lösch- und Ladeplatz.

Marek Klimenko und Sohn Kai Klimenko sind seit April 2021 Eigentümer der Hitzler-Werft. 
Marek Klimenko und Sohn Kai Klimenko sind seit April 2021 Eigentümer der Hitzler-Werft.  © Richel | Richel

Natürlich ist die Geschichte der Industrialisierung in Lauenburg nicht ohne die Rolle des Schiffsbaus erzählt. Von den zahlreichen Werften, die es früher an der Oberelbe gab, existieren heute nur noch wenige. Dazu zählt die Hitzler-Werft an der Bahnhofstraße 4-12. Für Sonntag laden die Geschäftsführer Marek und Kai Klimenko ab 11 Uhr zu einer Führung durch die Werft ein. Ein technisches Denkmal ist auch der Raddampfer „Kaiser Wilhelm“. Das Schiff kann an beiden Tagen zwischen 11 und 16 Uhr auf eigene Faust besichtigt werden.

Seit 2011 veranstaltet die Metropolregion Hamburg alle zwei Jahre die Veranstaltung „Tage der Industriekultur am Wasser“. An diesen Tagen stellen sich mehr als 100 Orte der Industriegeschichte mit einem extra Programm vor: zwischen Cuxhaven und Parchim, zwischen Neumünster und Uelzen. Den Flyer mit allen Angeboten können Interessierte unter www.metropolregion.hamburg.de herunterladen. Gedruckte Exemplare gibt es in der Lauenburger Touristinformation, Elbstraße 59.