Lauenburg/Büchen. In den Genuss von 50 Prozent Garantie-Entschädigungen von HVV und Nah.SH kommen jedoch nur wenige der geplagten Kunden.

Erixx Holstein hat am Freitag, 10. Februar, die Modalitäten für die Entschädigung von Fahrgästen verkündet, die von vielen Zugausfällen und teils massiven Verspätungen betroffen waren. 20 Prozent will der private Bahnanbieter seinen betroffenen Kunden auf Zeitkarten, Schüler- und Semestertickets und auch auf Einzelfahrscheine und Tageskarten erstatten.

Die schlechte Nachricht: Der Zeitraum soll auf die Wochen zwischen der Streckenübernahme am 11. Dezember und dem 12. Januar begrenzt sein. Und dass die „freiwillige Sonderentschädigung“ tatsächlich Entschädigungszahlungen von Hamburger Verkehrsverbund (HVV) beziehungsweise Nah.SH aufstockt, wird eher die seltene Ausnahme als die Regel werden.

20 Prozent Entschädigung für Erixx-Kunden

Von Mittwoch, 15. Februar, an können Erixx-Kunden einen Antrag auf Sonderentschädigung über das Internet stellen. Ein anderer Weg ist nicht vorgesehen. Zu diesem Zeitpunkt soll das entsprechende Online-Portal über die Homepage www.erixx.de erreichbar sein.

Das Angebot richtet sich an die Nutzer der Zugverbindungen RE83 beziehungsweise RB84 zwischen Kiel und Lübeck über Ratzeburg und Mölln bis Büchen und Lauenburg. Voraussetzung laut Erixx: „HVV-Abokarten und ProfiTickets müssen nachweislich regelmäßig für einen Abschnitt auf der Strecke Lüneburg bis Ratzeburg genutzt werden. Netzkarten im SH-Tarif müssen nachweislich regelmäßig für einen Abschnitt auf der Strecke Lauenburg bis Kiel Hbf genutzt werden. Inhaber dieser Fahrkarten müssen einen Nachweis über den Wohnort vorlegen.“

Fahrgäste sollen eigenen Wohnort belegen

Studenten, die die Strecke mit einem Semesterticket nutzen, sollen die Dauerkarte selbst, einen Nachweis zum Wohnort sowie eine Immatrikulationsbescheinigung vorlegen. „Das Semesterticket gilt ja landesweit, wir müssen ja die Chance haben zu sehen, dass es tatsächlich für unsere Strecke genutzt wird“, erläutert Michelle Kränzlein, Pressereferentin bei Erixx Holstein.

„Wer mit dem Online-Formular allein nicht klarkommt, dem bieten wir zudem ab dem 15 Februar einen Fragen- und Antwort-Katalog, der weiterhilft“, so Kränzlein. Fahrgäste, die 20 Prozent als Sonderentschädigung beantragen wollen, haben bis 15. März dazu Zeit.

Onlineportal wird am 15. Februar freigegeben

„Wir möchten all denjenigen, die zum Teil täglich von Zugausfällen und massiven Verspätungen betroffen waren, zusätzlich zu den ohnehin bestehenden Möglichkeiten eine eigene finanzielle Entschädigung anbieten“, sagt Nicolai Volkmann, kaufmännischer Geschäftsführer von Erixx Holstein. „Es tut uns wirklich leid, das möchten wir mit dem Angebot auch noch einmal zum Ausdruck bringen.“

Für weitere Ansprüche verweist Erixx Holstein in seiner Pressemitteilung auf die „in ganz Deutschland einheitlichen Fahrgastrechte“, zudem auf Nah.SH und die Nah.SH-Garantie www.nah.sh/de/fahrkarten/nah-sh-garantie/ wie auch auf die HVV-Garantie www.hvv.de/de/garanti.

„Garantie-Entschädigungen“ von HVV und Nah.SH

Die Landesverkehrsgesellschaft wie auch der Hamburger Verkehrsverbund bieten tatsächlich bei Verspätungen von 20 Minuten und mehr infolge unvorhersehbarer Störungen Entschädigungen in Höhe von 50 Prozent des jeweiligen Fahrpreises.

Im konkreten Fall hat die Sache jedoch einen gewichtigen Schönheitsfehler. Grundlage für einen Entschädigungsanspruch ist jeweils der aktuell gültige Fahrplan.

Ersatzfahrpläne bestimmen den Preisnachlass

Im Falle von Erixx also die jeweiligen Ersatzfahrpläne, die das private Bahnunternehmen in Windeseile erarbeitet hat, nachdem es zu Beginn erkennbar nicht in der Lage war, den vereinbarten Plan einzuhalten. Mit den ersten Notfahrplänen hatte Erixx Holstein die Zahl der Züge deutlich zusammengestrichen, um den Mangel an einsatzbereiten Zügen wie auch an Lokführern aufzufangen.

Chaostage im Dezember: Auf dem Bahnhof Büchen wird morgens um 8.33 Uhr als nächster Zug der RE83 um 19.30 Uhr Richtung Lüneburg angezeigt.
Chaostage im Dezember: Auf dem Bahnhof Büchen wird morgens um 8.33 Uhr als nächster Zug der RE83 um 19.30 Uhr Richtung Lüneburg angezeigt. © BGDZ | Luis Bolte

Auf die ursprünglich mit Nah.SH vereinbarten Leistungen können sich daher nur die Kunden berufen, die in den ersten Tagen unter ausgefallenen Erixx-Zügen und massiven Verspätungen gelitten haben. „Als Referenzpunkt für etwaige Entschädigungen (Fahrgastrechte, SH-Garantie) gilt immer der zum Zeitpunkt der Fahrt gültige Fahrplan – also der Ersatzfahrplan von Erixx“, bestätigt Nah.SH-Sprecherin Ina Michael.

Zu Deutsch: Nur unter der Voraussetzung, dass „zusätzlich zum ausgedünnten Angebot noch Verspätungen oder Ausfälle angefallen sind, können die Fahrgäste ihre Entschädigungen bei der Nah.SH beantragen.“

„Betriebsqualität hat sich deutlich verbessert“

Dass es inzwischen mit einem nur noch minimal geänderten Fahrplan rund läuft, dazu bestehen unterschiedliche Einschätzungen. Während die Erixx-Chefetage alles auf einem gute Weg sieht, verweist Nah.SH darauf, dass nach wie vor ein Ersatzfahrplan gilt, „aber nur noch in den Abend- und Nachtstunden“. Die Betriebsqualität habe sich in dem Rahmen deutlich verbessert.

Er könne nicht erkennen, dass alle Probleme bereits ausgeräumt seien, sagt dagegen Uwe Möller. Der Büchener Bürgermeister hat den wichtigen Umsteigebahnhof in seiner Gemeinde im Blick. Frühzeitig hatte Möller, Mitglied im Nah.SH-Aufsichtsrat, genervte Erixx-Kunden dazu aufgerufen, ihre Beschwerden zu artikulieren: Er werde sie weiterreichen, auch ans Kieler Verkehrsministerium.

Überfüllte Schüler-Züge und verspätete Abfahrten

Es kämen immer noch Beschwerden bei ihm an, so Möller am Freitag (10 Februar). Ärgerlich für Schichtarbeitende, die morgens von der Arbeit mit dem Zug nach Hause wollen, sei der Umstand, „dass frühe Züge aus Lübeck Richtung Süden zu spät abfahren“. Mögliche Folge: Die Kunden verpassen ihren Anschlusszug in Büchen. Ärger bereiten auch überfüllte Wagen und Ausfälle. Teils seien Schüler nicht mitgekommen, weiß Möller. „Ein Zug ist mit vielen Schülern in Mölln gestrandet.“