Von Timo Jann

Lauenburg/Dresden.
320 Kilometer vom Heimathafen entfernt wurde Lauenburgs schwimmendes Wahrzeichen, der Raddampfer "Kaiser Wilhelm", am Wochenende von Hunderten Fahrgästen geentert und von anderen Raddampfern mit Pfeifsignalen begrüßt. Erstmals nach 105 Jahren lief der Kaiser wieder in Dresden ein. Dort war er 1900 gebaut und 1910 verlängert worden. "Ein absolutes Gänsehautgefühl", schwärmt Kapitän Markus Reich von der Ankunft in der Landeshauptstadt von Sachsen. "Unter den alten Brücken durch auf die Altstadt zuzufahren, das war einfach einmalig schön", so Reich.

Lange war unklar, ob das Schiff überhaupt nach Dresden fahren könnte. Noch immer ist der Wasserstand weit von normalen Verhältnissen entfernt. Und so musste die Crew nach Dresden-Loschwitz ausweichen und unterhalb des "Blauen Wunders", wie die imposante Elbbrücke dort heißt, festmachen. Von dort aus ging es nach Königstein - und gestern zurück Richtung Lauenburg. Donnerstagabend wird das Schiff in der Heimat erwartet.

Reisen wie vor mehr als 100 Jahren kann bei so einer Tour schnell zur Belastung werden. Mehr als zehn Tonnen Kohle mussten die Heizer unter Deck in die beiden Feuerluken schippen, um das Wasser im Kessel aufzuheizen und Dampf zu erzeugen. Der treibt noch - wie 1900 - die beiden Schaufelräder an. "Wenn wir zehn bar Druck auf dem Kessel haben, können wir fahren", sagte Heizer Dirk Jenckel. "Stoppt den Kohlenklau", steht auf einem Schild unter Deck. Unweit davon hängen die noch immer gültigen "Dienstvorschriften für Kesselwärter".

"Unsere Raddampfer in Dresden fahren ja schon alle längst mit Diesel, da ist das hier für uns Dresdener eine wahre Attraktion", erklärte Reiner Prinz. Der 75-Jährige war dabei, als das Schiff am Sonntag in Loschwitz ablegte. "Hier an Bord ist ja wirklich Nostalgie pur", schwärmte er. Adolf Kruse (80) hatte sich morgens früh in Hameln auf den Weg gemacht, um in Loschwitz an Bord des "Kaisers" gehen zu können. "Ich war früher selbst Kapitän des Raddampfers, als er noch auf der Weser fuhr", berichtete Kruse. 1970 half er dann dem "Verein zur Förderung des Lauenburger Elbschifffahrtsmuseums", der das Schiff rettete, es nach Lauenburg zu überführen. Damit Mannschaft und Passagiere nicht hungern müssen, kümmern sich Koch Jan Freystatzky (52) und sein Kombüsen-Team um deren Versorgung. "Los geht es immer morgens eine Stunde vor Abfahrt mit dem Frühstück für die Crew", sagte Freystatzky. Auf engstem Raum müssen die Mahlzeiten - es gibt auch Mittagessen und Kaffee - zubereitet werden. "Wenn man Fachkräfte als Personal hat, dann läuft das", sagte Monika Düzgün, die sonst in einer Schulmensa arbeitet. Schon während der Reiseplanung hatte die Küchenmannschaft die Stellen, an denen Proviant aufgenommen werden kann, organisiert.

"Nach Dresden kommen wir so schnell wohl nicht wieder. Aber eine Fahrt zur Weser, sozusagen ins alte Revier, das wäre noch einmal etwas", hat Reich schon eine neue Idee. Doch nach der Rückkehr am Donnerstag stehen erst einmal Erholungen an: "Ich lasse mich dann fahren. Mit der 'Aurora' nach Hamburg zu den Cruise Days", so Jenckel.