Von Timo Jann

Lauenburg.
Landeskonservator Dr. Michael Paarmann und seine Mitstreiter vom Kieler Landesamt für Denkmalpflege mussten sich bei ihrer Bürgersprechstunde in der Lauenburger Osterwold-Halle deutliche Kritik an der neuen Denkmalliste gefallen lassen. Irreführende Gebäudebezeichnungen sind dabei noch die kleineren Probleme. Jörg Sönksen kritisierte, dass er zwar ein Informationsschreiben bekommen habe, sein Haus aber nicht in der Liste verzeichnet stehe.

Bei Wichmann von Meding ist es genau andersherum. Und Mario Scheuermann kritisierte, dass in der Liste ein Dutzend Gebäude, die es wert seien, gar nicht erfasst wurde.

Es gibt für Paarmann und seine Mitarbeiter also noch viel zu tun. Lauenburg war der erste Ort in Schleswig-Holstein, der im Rahmen des Projekts "Schnellerfassung & Revision" komplett bearbeitet wurde. Eine Folge der Novellierung des Landesdenkmalschutzgesetzes ist, dass künftig nicht mehr wie bisher zwischen einfachen und eingetragenen Denkmalen unterschieden wird. Während jetzt - zumindest theoretisch - alle Denkmalbesitzer darüber informiert werden, dass sie ein Denkmal besitzen, hatten viele Hauseigentümer einfacher Denkmale jahrelang Geld verschenkt. Denn: Arbeiten an den Gebäuden wären förderfähig und steuerlich absetzbar gewesen. Nur wusste das kaum jemand.

Bastian Müller, der mit Rika Grüter die Schnellerfassung neuer Gebäude und die Revision bestehender Denkmale in Lauenburg durchgeführt hatte, berichtete in der Osterwold-Halle vor etwa 50 Interessierten und Betroffenen, wie dabei vorgegangen wurde. Er begründete auch, wie es das Postgebäude (Baujahr 1967) auf die Denkmalliste geschafft hat: "Das ist ein Verwaltungsbau, der mit einem sehr hohen Anspruch errichtet wurde." Als Beispiele nannte Möller Fußböden, Treppenhaus und Kunst am Bau. Zum schützenswerten Ensemble gehört sogar der Funkmast. Auch die Zündholzfabrik an der Elbstraße, die Müller als "sperriges Gebäude" in der ansonsten filigranen Altstadt bezeichnete, sei es jetzt wert, in die Liste aufgenommen zu werden.

"Unser Auftrag ist es, bereits die Bausubstanz, die jetzt 25 oder 30 Jahre alt ist, zu bewerten. Deshalb haben wir auch das Postgebäude als schützenswert beurteilt", machte Paarmann deutlich. Den Plänen der Stadt und der Supermarktkette Edeka steht diese Beurteilung bei der Innenstadtentwicklung im Wege (wir berichteten). Da müsse man in Gesprächen Lösungen finden, sagte Paarmann.

Den Hinweis des Stadtvertreters André Peylo, der Denkmalschutz würde die Nutzung der betroffenen Gebäude einschränken, nannte Paarmann ein "Vorurteil". "Denkmalschutz bedeutet nicht, die Käseglocke über ein Denkmal zu stülpen", machte der Landeskonservator deutlich. "In 99,5 Prozent der Fälle finden wir eine einvernehmliche Lösung", so Paarmann. Doch Stadt und Edeka, die die Post abreißen wollen, stehen mit ihrem Ziel bisher im krassen Widerspruch zu den Denkmalschützern, die den Baukomplex bewahren wollen.

Eine ähnliche Sorge treibt auch Wolfgang Genczik, den Vorsteher des Gewässerverbandes um, der das Schöpfwerk modernisieren möchte. Baugenehmigung und Finanzierungszusage liegen vor. Doch jetzt sieht der Denkmalschutz einen Schutzbedarf, und Genczik fürchtet Verzögerungen. "Wir müssen darüber reden", bot Paarmann an.

"Vieles, was in Lauenburg für eine bestimmte Zeit in der Stadtgeschichte steht, wurde wohl gar nicht erkannt", sagt Mario Scheuermann. Die "Villa Marie" mit ihrem Wintergarten und Balkongeländer an der Blumenstraße oder ein Haus mit neoklassizistischer Fassade an der Gartenstraße nennt er als Beispiele.

Auch am Wallweg steht eine Besonderheit, so Scheuermann: ein Haus, an dessen Fassade 120 Jahre alte Rebstöcke wachsen. "So etwas findet man in Norddeutschland nicht noch einmal", weiß der Wein-Experte. In der Denkmalliste sind alle drei Gebäude aber nicht aufgeführt.

"Denkmalschutz bedeutet nicht, die Käseglocke über ein Denkmal zu stülpen." Dr. Michael Paarmann Landeskonservator