Lauenburg
(rz).
Das Leben in der Altstadt, der weite Blick über die Elbe, Touristen aus aller Welt - das inspiriert zum Malen und Schaffen von Objekten und Skulpturen. Lauenburg ist eine Stadt der Künstler. In loser Folge schauen wir ihnen über die Schulter.

Knapp sechs Zentimeter breit ist der flache Pinsel, mit dem der Kunstmaler Christian Kleinfeld seine Arbeit beginnt. Er taucht ihn in die Leinölfarbe und setzt extrem große Flecken nebeneinander auf die Leinwand. Das Motiv ist noch nicht erkennbar, existiert aber im Kopf und als Foto oder Zeichnung. Zwei Wochen lang lässt Kleinfeld die dicke Farbschicht trocknen, bevor er darauf mit dünnem Pinsel in Weiß oder Schwarz das Motiv skizziert. Die Skizze wird jedoch gleich wieder übermalt. Dieses Mal nimmt er aber einen schmaleren Pinsel, damit kleinere Flecken entstehen. "Fünf bis sieben Schichten werden so übereinandergemalt, mit immer schmaleren und dünneren Pinseln", erzählt der Künstler, der sein Atelier und die Ausstellung an der Elbstraße 72 und 79 hat.

Kleinfeld, der in Berlin geboren wurde und seit den Sechzigern in Lauenburg lebt, malt in der von ihm über Jahre entwickelten und vervollkommneten Fleckentechnik. Mit jeder Schicht wird die Darstellung feiner, das Motiv erkennbarer. 250 bis 500 Farbtöne mischt der 60-Jährige für ein Bild an. Die letzte Schicht hat Flecken von acht Millimeter Durchmesser. Ganz bewusst lässt er die Flecken recht grob. Die plastische Wirkung ist verblüffend. Aus der Nähe ist sie völlig anders als aus der Ferne. Die Farbflecken wirken wie kleine konkave Spiegel. Das Bild leuchtet, strahlt und schimmert. "Manche Betrachter glauben deshalb, dass sich auf dem Gemälde etwas bewegt", sagt Kleinfeld. Wie sehr die Bilder "leben", sieht man erst, wenn man sie mit den Drucken davor vergleicht. Sie haben die plastische Wirkung nicht.

Mit der Fleckentechnik malt Kleinfeld Bilder, die er als neo-impressionistisch bezeichnet. Er orientiert sich an den klassischen Prinzipien des Impressionismus, zu denen Maler wie van Gogh, Gauguin und Cézanne gehören. Das Interessante an Kleinfelds Bildern ist, dass sie nach jeder Schicht als fertig oder unfertig betrachtet werden können. "Jede Phase hat ihre eigene Ästhetik", sagt der Diplom-Grafikdesigner. Wer ein Bild in einem frühen Malprozess erwirbt, kann es sogar später weiter malen lassen. Ist keine Verbesserung des Bildes durch noch mehr Genauigkeit zu erwarten, malt Kleinfeld aber nicht mehr weiter.

Auf diese Weise entstanden Gemälde mit Motiven aus der Lauenburger Altstadt, Bergedorf und dem Hamburger Hafen. Sie schmücken Besprechungsräume und Foyers in Firmen sowie Wohnzimmer bei Privatleuten. Ab und an gab es in den letzten Jahren Altstadtbesucher, die sich in ein Bild verliebten und es aus dem Schaufenster weg kauften. "Das war aber schon lange nicht mehr der Fall", sagt Kleinfeld. Deshalb will er sie künftig über Galerien verkaufen und seine Vernissagen musikalisch begleiten, denn Kleinfeld ist nicht nur Kunstmaler, sondern auch Musiker.

"Jede Phase meiner Technik hat ihre eigene Ästhetik." Christian Kleinfeld, Kunstmaler