Von Karin Lohmeier

Lauenburg.
Es ist ein Happy End, wie es im Buche steht: Zehn kleine Gänsesäger und ihre Mutter haben die Elbe erreicht. Das war alles andere als selbstverständlich - und ist nur mit einer Gruppe engagierter Helfer gelungen. Denn das Nest der Familie lag in einer versteckten Ecke des Lauenburger Fürstengartens (wir berichteten). "Die Chance, dass alle Küken unversehrt ans Wasser gelangen, war sehr gering", sagt Dr. Friedhelm Ringe, Vogelexperte vom Geesthachter Naturschutzbund.

Die Lauenburgerin Svenja Grundmann hatte den ehemaligen Biologielehrer alarmiert, nachdem sie das Nest im Fürstengarten entdeckt hatte. Das Problem: "Schon gleich nach dem Schlüpfen wandert die Gänsesägermutter mit ihren Küken zum Wasser, weil sie dort Nahrung finden", so Ringe. In diesem Fall lagen dazwischen jedoch etliche Grundstücke und einige Straßen - gefährlich und fast unüberwindlich für die kleinen Federknäuel.

Fast täglich waren Svenja Grundmann und Friedhelm Ringe darum vor Ort, um das Schlüpfen nicht zu verpassen und möglicherweise rettend eingreifen zu können. In dieser Woche dann endlich Kükenalarm: Die kleinen Gänsesäger machten sich sogleich auf die Suche nach dem Wasser - und irrten verängstigt in benachbarten Gärten umher.

"Die saßen bei mir auf dem Waschküchendach, zuerst die Alte, dann auch die Lütten", erzählt Walter Meyer, mit 81 Jahren der Älteste im "Rettungsteam". Mit leichten Stupsern seiner Hand schafften es die Kleinen dann noch eine Treppe hoch. Und nach und nach konnten immerhin acht Junge eingefangen werden. "Die sind so unglaublich schnell, man musste immer warten, dass sie über ihre eigenen Beine stolpern, sonst hatte man keine Chance, sie zu erwischen", erzählt Manuela Kaast, die allein vier Küken in den von Friedhelm Ringe mitgebrachten Käfig setzen konnte. "Manuela hatte in der einen Hand schon ein Kleines und hat mit der anderen noch eins gefangen", erzählt ihre Schwester Nadine.

Sehnsüchtiges Gepiepe im Käfig lockte dann auch die Mutter herbei. Doch zwei Küken blieben zum Kummer der Retter vermisst. Svenja Grundmann und Friedhelm Ringe fuhren mit dem Käfig zur Landzunge an der Elbbrücke. "Dort habe ich dann auf die Mutter gewartet", erzählt Svenja Grundmann. Es waren zwei bange Stunden. Denn ohne ihre Mutter hätten die Kleinen keine Überlebenschance gehabt. Endlich tauchte sie schwimmend auf - und trieb Svenja Grundmann Freudentränen in die Augen. "Sie hatte die beiden vermissten Küken dabei. Eins saß auf ihrem Rücken", erzählt die Lauenburgerin. Gerührt konnte sie schließlich beobachten, wie die elfköpfige Familie auf der Elbe von dannen zog.

Alle zehn Küken gerettet - das ist eine fast unglaubliche Rettungsstory, meint Friedhelm Ringe. Sie habe bei allen Beteiligten für große Gefühle gesorgt. "Das war das schönste und aufregendste Erlebnis der letzten Jahre", sagt Monika Damaschke, eine der helfenden Nachbarn. Für den Naturschützer Ringe ist es außerdem ein ganz besonderer Erfolg: "Denn Gänsesäger sind eigentlich eine nördliche Vogelart. Sie sind hier zwar Wintergäste, doch dass sie in Lauenburg brüten, ist noch nicht vorgekommen."

Alle Helfer sind sich einig, dass sie die Familie im Auge behalten wollen. Und vielleicht gibt es ja im kommenden Jahr ein Wiedersehen in Lauenburg.