Von Karin Lohmeier

Lauenburg.
"Denn wo die Jugend nicht von Kindesbeinen an auf christlich, wohl und ehrbarlich erzogen wird, kann nichts anders denn nur frech, wilde und ungeheure Gesindelei daraus werden, nach den alten Sprichwörtern: Jung gewohnt, alt gethan." So steht es in der Lauenburger Schulordnung von 1585. Franz II., Herzog von Sachsen-Lauenburg, hatte sie für Lehrer erlassen, die auf die Kirchenordnung verpflichtet waren. Lauenburgs Schulgeschichte ist lang - und vielfältig. "Es gab einige kleine Schulen, die heute fast vergessen sind", sagt Archivarin Dr. Anke Mührenberg. Sie hat Dokumente und Akten durchgearbeitet - entstanden ist daraus ein Vortrag beim Heimatbund- und Geschichtsverein, zu dem jetzt 40 Zuhörer kamen.

Umfangreich dokumentiert ist die Geschichte der Stadtschule und der Unterberger Schule, zwei öffentliche Schulen im früheren Lauenburg. Die Stadtschule hatte zwei Jungen- und eine Mädchenklasse und besaß ein eigenes Gebäude an der Kirche. "Bis 1960 war darin die Allgemeine Ortskrankenkasse ansässig", so Anke Mührenberg. Die Unterberger Schule war einklassig, die Schüler mussten einmal im Jahr vor der Konfirmation die Stadtschule besuchen. "Finanziert wurden sie durch Schulgeld und die Gemeindekasse, außerdem erhielten Rektor und Kantor der Stadtschule Pachtland am Krützener Weg", weiß die Archivarin.

Die Industrieschule am Graben 11 gab es nur eine kurze Zeit lang. 1816 eröffnet, sollte sie die Schüler zu Fleiß und Sparsamkeit erziehen und ihnen ermöglichen, ihren Lebensunterhalt später selbst zu bestreiten. Die Schüler genossen in der Bevölkerung geringes Ansehen.

Das war bei den Privatschulen, die für Mädchen und Jungen im 19. Jahrhundert entstanden, ganz anders. Sie wurden von wohlhabenden Eltern bezahlt - wie Lehrer Evers, der eine einklassige Schule betrieb, jedes Jahr abwechselnd für Jungen und Mädchen. Außerdem gab es eine zweiklassige Schule von Töchterlehrer Schlepper. Eine Witwe Meyer unterrichtete als Privatlehrerin sowohl Knaben und Mädchen, und auch ein Fräulein Behrens lehrte in ihren Privaträumen an der Elbstraße 37.

Die Höhere Töchterschule der Geschwister Lüders hat Anke Mührenberg dazu gebracht, sich intensiver mit der Schulgeschichte zu beschäftigen. "Ich bin darauf gestoßen, als ich 2014 einen Vortrag zur Frauengeschichte vorbereitet habe - es gibt im Archiv sehr viele Unterlagen zu den Schulen", erzählt die Archivarin. Dass es in Lauenburg eine Höhere Töchterschule gab, sei etwas Besonderes für die kleine Stadt gewesen. Noch viel unbekannter ist die Warteschule, die an der Reeperbahn 6 betrieben wurde. "Das war eigentlich eine Kita, in der Kinder betreut wurden, deren Eltern arbeiten mussten", erklärt Anke Mührenberg. Von 7 bis 19 Uhr musste eine Aufseherin für die Kleinen da sein. Zum Unterricht gehörten laut einer "Instruktion" aus dem Jahr 1843 neben Beten, Singen, biblischen und moralischen Erzählungen sowie Handarbeit immerhin auch schon Lesen, Schreiben, Rechnen, Denk- und Sprechübungen.

Eine Rarität war auch die Reichsmodellbauschule, die 1936 am Büchener Weg 121 eröffnete. Träger war das Nationalsozialistische Fliegerkorps, das hier Lehrgänge im Modellflug- und Segelflugbau anbot. Anke Mührenberg: "Ab 1945 war in dem Haus eine Flüchtlingsunterkunft des Dänischen Roten Kreuzes untergebracht, es gab auch eine Schulspeisung, ab 1950 war in dem Haus eine Berufsschule."

Auch einen Stundenplan der Schifferschule von 1913/1914 hat die Archivarin in alten Dokumenten gefunden. "Diese Schule war immer einige Wintermonate geöffnet, je nach Bedarf und nur bei hinreichender Beteiligung." Denn in der kalten Jahreszeit waren die Schifferfamilien nicht auf dem Wasser unterwegs, die Kinder konnten zur Schule gehen.

1861 wurden die Bürgerschule (zuvor Stadtschule) und die Volksschule (zuvor Unterberger Schule) vereint: Es war die Geburtsstunde der Weingartenschule. Und 1865 startete die Albinusschule als Gewerbeschule, ein Jahr später kam die Realschule dazu. Beide Schulen gibt es heute noch - und sie haben sich sehr gewandelt. So machen im kommenden Jahr erstmals junge Lauenburger in ihrer eigenen Stadt das Abitur.