Denkmalschutz: Ehepaar Bethge erhält kein Geld für den Mehraufwand

Von ihrer kleinen Übergangswohnung aus haben Susanna und Wolfgang Bethge einen direkten Blick auf ihr Haus an der Elbe, das im Moment eine riesige Baustelle ist. Schlimm hatte das Hochwasser im Juni 2013 dort gewütet: Der komplette Fußboden ihrer Eigentumswohnung muss raus, Zwischenwände ebenso, und auch die Fassade hat Schaden genommen. Auf sechs Monate Bauzeit hätten sie sich eingerichtet, sagt Susanna Bethge.

Auf den Kosten der Sanierung, kalkuliert sind weit über 300 000 Euro, bleiben sie wie auch die anderen Flutopfer zum Glück nicht alleine sitzen: 80 Prozent werden aus dem Aufbaufonds von Bund und Ländern gefördert. Dass Susanna und Wolfgang Bethge in einem denkmalgeschützten Haus leben, muss bei der Sanierung beachtet werden. Dieser finanzielle Mehraufwand ist entsprechend der Förderkriterien zu 100 Prozent zu erstatten - eigentlich. "Ich dachte, mich trifft der Schlag, als ich den Zuwendungsbescheid las. 240 000 Euro wurden uns zwar bewilligt, doch für den denkmalpflegerischen Mehraufwand ohne Begründung kein einziger Cent", empört sich Susanna Betghe.

Dabei haben sie und ihr Mann scheinbar alles richtig gemacht: Wie vorgesehen, hatte der von der Stadt beauftragte Gutachter Justus Deecke die Hochwasserschäden dokumentiert und für die denkmalgerechte Sanierung einen Mehraufwand von etwa 38 000 Euro ermittelt. Dieses Gutachten erhielt die zuständige Bewilligungsbehörde des Landes - allerdings unter dem Vorbehalt, dass sich diese Summe bei weiteren Freilegungsarbeiten noch verändern könnte. Susanna und Wolfgang Betghe beauftragten daraufhin den Architekten Peter Rabeler aus Hittbergen mit der weiteren Planung. Dieser stellte fest, dass sich bei näherer Untersuchung einige für alle Beteiligten kostengünstigere Lösungen anbieten würden. "Unser Architekt hat das dann mit dem Gutachter besprochen und beide waren sich einig, dass auch diese Varianten dem Denkmalschutz entsprechen", sagt Susanna Betghe. Justus Deecke habe daraufhin, sein Gutachten entsprechend angepasst.

In Kiel sieht man das offensichtlich anders: "Nach dem Antrag wird keine der für die Bemessung des denkmalpflegerischen Mehraufwandes festgelegten Maßnahmen umgesetzt. Daher kann auch kein denkmalpflegerischer Mehraufwand bei der Förderung berücksichtigt werden", teilt der Sprecher des Innenministeriums, Thomas Giebeler, auf Anfrage mit. Und weiter: "Wären alle im Gutachten festgesetzten Maßnahmen umgesetzt, könnte ein denkmalpflegerischer Mehraufwand von 34 225 Euro berücksichtigt werden." Dieses Argument ist für Susanna Bethge völlig unverständlich: Immerhin habe der Gutachter in seiner ersten Expertise ausdrücklich einen Vorbehalt erklärt und sich dann entsprechend korrigiert.

Tatsächlich liegt unserer Zeitung ein Schreiben vor, das Deecke am 18. Februar an die Stadt Lauenburg gerichtet hatte und das am 23. Februar vom Architekturbüro Rabeler an das Kieler Innenministerium weitergeleitet wurde: "Im Objekt haben sich nach Öffnung der geschädigten Bauteile durch den Kollegen Rabeler Sachverhalte ergeben, welche aus seiner fachlichen Beurteilung andere Maßnahmen erforderlich machen, als im Gutachten vorgesehen. Durch die von ihm fachlich formulierte geänderte Bauausführung werden die gewünschten Ziele ebenfalls erreicht. Gegen einen geänderten Wandaufbau ist daher aus meiner Sicht nichts einzuwenden", stellt Deecke darin fest.

Susanna Betghe versteht die Welt nicht mehr: "Das Land finanziert einen Gutachter und traut ihm dann nicht?" Nachbarn, Freunde und auch Mitarbeiter der Lauenburger Verwaltung hätten den Bethges geraten, gegen das Land zu klagen - immerhin ginge es um über 34 000 Euro. Dazu hätten sie sich aber noch nicht durchringen können. "Dann wird sofort die gesamte Fördersumme strittig, und wir können es uns nicht leisten, darauf zu verzichten, bis eine gerichtliche Entscheidung fällt", sagt Susanna Betghe.