Bildervortrag: Wolfgang Rieger über vergessene Braukunst

Es gab eine Zeit, da waren Brauereibetriebe in Lauenburg zweitstärkste Steuerzahler der Stadt hinter den Händlern. "In fast jedem zweiten Haushalt wurde damals gebraut", weiß Wolfgang Rieger. Der 64-Jährige hat in akkurater Eigenarbeit viel über die historische Braukunst der Stadt recherchiert. Von diesem Wissen will er heute etwas weiterreichen.

Dabei ist Rieger selbst nicht der große Biertrinker, konsumiert kaum Alkohol. Seit 30 Jahren beschäftigt sich der gelernte Schmied mit historischer Küche. Mehrere Ausstellungen, Vorträge und Kocheinlagen in ganz Europa zeugen davon. Doch die Lauenburger Bier- und Braukultur war lange Brachland. Bis Horst Eggert, Vorsitzender des Heimatbundes und Geschichtsvereins, Ende 2012 mit dem Kollegen sprach, ob er sich nicht dieses Themas annehmen wolle.

Natürlich wollte Rieger - doch die Informationsbeschaffung war schwierig. Es existierte kaum Material zur Bierkultur. Rieger aber fand mehrere Ansätze: In der Nachbarschaft fragte er herum und bekam rund 30 Altflaschen mit alten Etiketten aus Lauenburger Produktion zusammen. "Anhand der Art der Verschlüsse konnte ich das Alter der Flasche bestimmen", erklärt der Ur-Lauenburger. Die meisten Infos sammelte der Ortschronist über das Internet. So konnte er die fünf dominierenden Bierarten und ihre Herstellungszeit nachzeichnen: Vom "Grutbier" (999 bis 1723), "Norddeutsche Mumme" (1434 bis 1899), "Rummelteufel" (1449 bis 1914), "Broihahn" (nur im Jahr 1526) bis zum Lübecker Pilsener (ab 1866). Interessant ist dazu eine Statistik, die Rieger in seinem "Bierkompendium" ausweist und die von 1599 bis 1911 die Schwankungen der "Brauberechtigten Brauhäuser in Lauenburg" im historischen Kontext nachzeichnet.

Da der Mann als passionierter Koch gerne experimentiert, wollte er, nachdem er alle Gesundheits- und Fachlaborprüfungen erworben hatte, den Gerstensaft nach alter Methode selbst herstellen. Aber nicht zum Verkauf: "Ich braue das Bier ausschließlich für mich", erklärt Rieger.

Das Bier ist unvergleichbar. "Die Qualität", sagt der Fachmann, "liegt weit über heutigen Industriebieren. Es ist geschmacklich viel intensiver. Stärkere Biere gibt es gar nicht." Riegers Kreationen reifen teilweise zwei Jahre, bevor sie ihr volles Aroma entfalten. Manche sind doppelt so alkoholhaltig wie heutige Standardbiere.

Heute um 19.30 Uhr wird Autor Rieger im Hotel Bellevue (Blumenstraße 29) seinen Bilderschau "300 Jahre Bierseeligkeit" zeigen. Der Eintritt ist frei. Rieger plant zur Lauenburger Bierhistorie noch mindestens vier weitere Abende. Die Vortragsidee will der 64-Jährige aber nicht falsch verstanden wissen:

"Schade ist, dass Biertrinken mit Alkoholismus gleich gesetzt wird." Früher war es Jahrhunderte Hauptnahrungsmittel, keimfrei und mit wenig Alkohol.