Vor 100 Jahren: Lebensmittel werden rationiert und gestreckt - Lauenburgische Landeszeitung gibt Tipps

Wir schreiben das Jahr 1915: In Lauenburg sind die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges deutlich spürbar: Es gibt Lebensmittelengpässe, und viele Familien verlieren Angehörige auf dem Schlachtfeld. Und dennoch: Auch zu jener Zeit wurde gelacht und geliebt, und es trug sich so manche kuriose Geschichte zu. Wir blättern in den Ausgaben der Lauenburgischen Landeszeitung von damals und berichten in loser Folge über das Leben in Lauenburg vor 100 Jahren.

Wer nicht hungern will, muss erfinderisch sein

Harte Zeiten für Lauenburger Hausfrauen: Wurden sie vor wenigen Wochen vom Redakteur der Lauenburgischen Landeszeitung noch gelobt, wenn sie "mit Umsicht einen beachtlichen Vorrat an allerlei Lebensmitteln" anlegten, gab es nun Schelte dafür. Kein Wunder, in Deutschland wurde die Versorgungslage immer schlimmer, und die Engpässe machten auch vor Lauenburg nicht Halt. Im März 1915 wurden in Deutschland unter strengen Auflagen die Brot- und Mehlkarten eingeführt. Es durfte nur noch "Kriegsbrot" gebacken werden. Der Anteil des Getreides war genau vorgeschrieben, der Rest des klebrigen Backwerks bestand in erster Linie aus Kartoffeln. Jedermann schätzte sich deshalb glücklich, der noch einen kleinen - verbotenen - Mehlvorrat sein Eigen nannte.

Unter dem Titel "Das ist der Fluch der bösen Tat" wurden die Leser der Lauenburgischen Landeszeitung über eine "lehrhafte Begebenheit" in Kenntnis gesetzt: "Zu einem Mehlhändler kam kürzlich einen Frau und klagte lebhaft über schlechte Beschaffenheit des Mehls, in dem Würmer zu sehen seien. Der Händler widersprach, und es erhob sich ein Wortgefecht, dessen Ergebnis war, daß die Hausfrau eingestand, sie habe das Mehl im August vergangenen Jahres gekauft und bis jetzt in der Wohnung aufbewahrt. Wenn es nicht um des Mehles Willen zu bedauern wäre, daß es verdorben ist, könnte man der Frau nur sagen, ihr sei ganz recht geschehen; womit jemand sündigt, damit wird er auch bestraft."

Der damalige Kollege beließ es nicht bei strengem Tadel. Für umsichtige Hausfrauen gab es noch einen praktischen Tipp: "Man mische 60 Pfund Grobmehl und den gleichen Teil Erbsmehl, gebe 30 Pfund Kartoffeln und 10 Pfund Kartoffelmehl dazu. Dies ergibt insgesamt 188 Pfund bekömmliches und schmackhaftes Schwarzbrot und genügt zehn Personen über vier Wochen." Den in anderen Zeitungen bereits verwendeten Begriff "Kriegsbrot" vermied übrigens unser damaliger Kollege in seinem Artikel tunlichst.

Ob er sich mit dieser offensichtlichen Schönfärberei als besonders kaisertreu erweisen wollte, ist nicht überliefert. In der Ausgabe, in der wir heute blättern, gab Wilhelm II. unserem Berufsstand höchstpersönlich einen guten Rat: "Ich habe kein Verständnis für die Ausdehnung der Polemik im Zeitungswesen", wetterte er und beklagte "die aus Amerika eingeführte Jagd" nach dem Interview. Und so schrieb unser damaliger Kollege folgsam auf, was der Kaiser zu sagen hatte: "Journalisten sollten wenig sprechen, wenig quälen und viel schreiben."