Nordeuropäische Erdgasleitung: Versorgungsbetriebe sparen Netzentgelte - Gaspreise sinken

Die Gasvorräte der Erde sind begrenzt, darum werden die Energiepreise mittelfristig weiter steigen. Auch die Versorgungsbetriebe Elbe können daran nichts ändern. Doch bei dem regionalen Versorger für Lauenburg und Boizenburg hat man einen anderen Weg gefunden, Geld zu sparen - und davon profitieren jetzt die 7500 Gaskunden. Als einzige Stadtwerke in Deutschland haben sich die Versorgungsbetriebe direkt an die große Nordeuropäische Erdgasleitung (NEL) angeschlossen. Die Folge: eine jährliche Ersparnis von 400 000 Euro an Entgelten, die zuvor für die Nutzung von Leitungen an E.on Hanse gezahlt werden mussten.

"Das geben wir direkt an unsere Kunden weiter", erklärt Geschäftsführer Joachim Schöttler. Hinzu kommen Gaspreise, die 2014 sanken, auch andere Versorger haben ihre Tarife für 2015 schon gesenkt. "Weil wir immer für ein Jahr im Voraus einkaufen, schlägt auch dies jetzt zu Buche", erklärt Vertriebsleiter Denis Recknagel. Ab dem 1. April zahlen Kunden der Versorgungsbetriebe 0,2 Cent pro Kilowattstunde (kwh) weniger. Ein Vier-Personen-Haushalt, der 20 000 kwh im Jahr verbraucht, spart damit 40 Euro. Für große Firmen, die auch mal 20 Millionen Kilowattstunden im Jahr abnehmen, ist die Ersparnis viel größer.

Rechtzeitig, bereits im Jahr 2010, hatten sich die Versorgungsbetriebe Elbe in die Planung der NEL-Leitung eingeklinkt. Sie wird bei Horst unter der Elbe hindurchgeführt. "Für uns eine Riesenchance, uns anzuschließen", so Schöttler. 4,5 Millionen Euro hat das Versorgungsunternehmen investiert. Auf einem Acker bei Horst entstand eine moderne Übergabestation, zudem wurde zwischen Lauenburg und Boizenburg eine neue Leitung verlegt.

"Wir hatten wahnsinniges Glück, dass genau hier eine Öffnung liegt", sagt der Geschäftsführer. Sie ist Eingang für einen riesigen Putzlappen, genannt Molch, mit dem die Leitung zwischen Horst und Brietlingen regelmäßig gereinigt werden muss. Denn unter dem Fluss kühlt das Erdgas ab, es entsteht Kondensat.

"Ein zusätzlicher Vorteil der frühen Planung war, dass die Leitung noch nicht unter Druck stand. Das ist wesentlich einfacher", erklärt Holger Grütz, technischer Leiter für Gas, Wasserversorgung und Fernwärme. Denn in der NEL-Leitung, deren Rohre einen Durchmesser von 1,4 Metern haben, strömt das Gas mit einem Druck von 100 Bar. Ein Autoreifen hat selten mehr als 2,5 Bar. "Beim Verbraucher darf das Erdgas jedoch nur noch mit 50 bis 60 Millibar ankommen. Vom Hausregler wird es dann noch auf 23 Millibar heruntergeregelt", erklärt Grütz.

Hightech sorgt dafür, dass trotzdem immer genug Gas nachströmt, wenn der Verbrauch steigt. Ein Großteil des Drucks wird bereits in der Übergabestation reduziert. "Und weil dabei Kälte entsteht, wärmen wir das Gas von fünf auf 36 Grad Celsius vor, damit sich kein Kondensat bildet", so Grütz.

Mehrfache Sicherungen gewährleisten die Gasversorgung auch bei Stromausfall. So gibt es Batterien und eine Notstromversorgung, außerdem eine zusätzliche pneumatische Regelschiene, die auch ohne Strom funktioniert.

Eine Odorierungsstation presst "Parfüm" ins Erdgas, bevor es zu den Kunden geht. Der früher verwendete schwefelhaltige Geruchsstoff gilt heute als gesundheitsgefährdend. Darum warnt neuerdings der Geruch nach Klebstoff und Farbe vor ausgetretenem Erdgas.

Angeschlossen ist außerdem ein Blockheizkraftwerk, das Strom und Wärme für die Übergabestation erzeugt. "Überschüssigen Strom speisen wir ins Netz der Wemag ein", erklärt Holger Grütz. Für Geschäftsführer Joachim Schöttler ist nach dem Zusammenschluss der Stadtwerke Lauenburg und Boizenburg in den Versorgungsbetrieben ein weiteres wichtiges Ziel erreicht: "Jetzt haben die beiden Städte auch physisch ein gemeinsames Netz."