Lauenburg vor 100 Jahren Das Tivoli-Kino ist der neueste Schrei in der Stadt

Wir schreiben das Jahr 1915: In Lauenburg sind die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges deutlich spürbar: Es gibt Lebensmittelengpässe, und viele Familien verlieren Angehörige auf dem Schlachtfeld. Und dennoch: Auch zu jener Zeit wurde gelacht und geliebt, und es trug sich so manche kuriose Geschichte zu. Im Lauenburger Stadtarchiv sind wir fündig geworden: Wir blättern in den Ausgaben der Lauenburgischen Landeszeitung von damals und berichten in loser Folge über das Leben in Lauenburg vor 100 Jahren.

Tivoli-Kino im Stappenbeck

Was für eine Aufregung schon Tage zuvor: Es hatte sich herumgesprochen, dass die Direktion des Hotels Stappenbeck den traditionellen Anstich des Starkbieres Salvator mit einer Filmvorführung verbinden will. Zu jener Zeit waren vor allem Gasthäuser und Hotels Stätten der Filmvorführung. Gezeigt wurden alltägliche Szenen oder gespielte Witze, und die Stummfilme überschritten selten die Länge von zehn Minuten. Die Direktion vom Hotel Stappenbeck warb in jenen Märztagen vor 100 Jahren fast täglich für das neue Kino Tivoli. Es gab in der Lauenburgischen Landeszeitung sogar Ratschläge für angemessene Kleidung für den Kinobesuch und die Menschen waren froh über die Abwechslung von den gedruckten Nachrichten über Lebensmittelengpässe und der Frontberichterstattung. Wegen des Krieges bildeten vermutlich vor allem Frauen, Jugendliche und ältere Männer die Hauptgruppe der Kinobesucher. Diese waren auf das Kino in ihrer Freizeit angewiesen, da viele Unterhaltungs- und Vergnügungseinrichtungen während des Krieges geschlossen wurden. Im Kino konnten die Besucher ihre Sorgen für kurze Zeit vergessen, der Alltagswelt entfliehen und laut lachen, ohne dass dies aufgrund der Kriegszeit in der Öffentlichkeit als für den Ernst der Zeit unwürdiges Verhalten verurteilt wurde.

Am 9. März 1915 dann der Schock. Die Lauenburgische Landeszeitung schrieb: "Der für kommenden Sonntag in Aussicht gestellte Beginn der regelmäßigen Vorführungen kann, da seitens der Fabrik die Lichtmaschine nicht geliefert wurde, nicht stattfinden. Die nächste Vorstellung wird aber ganz bestimmt am Sonntag, den 21. März stattfinden." Der Redakteur spekulierte, ob die "werte Direktion" es denn schaffen werde, diesen Termin zu halten und ob es nicht besser gewesen wäre, die Lichtmaschine erst sein Eigen zu nennen und dann einen Vorstellungstermin zu nennen. Schließlich würden sich die braven Bürger Lauenburgs nichts sehnlicher wünschen, als sich "mit Wonne dem Vergnügen der bewegten Bilder hinzugeben".

Doch das Glück war auf Seiten der Hoteldirektion, und auch der Redakteur der Lauenburgischen Landeszeitung hatte es sich nicht nehmen lassen, der Aufführung beizuwohnen. Welcher Film damals im Stappenbeck gezeigt wurde, ist leider nicht überliefert, der Begeisterung tat das aber offenbar keinen Abbruch und der Kollege von damals war des Lobes voll: "Die gestern stattgefundene Vorstellung im Tivoli-Kino erfreute sich zahlreichen Besuches. Die Direktion hat mit der Anschaffung einer Lichtmaschine das Hotel um ein Bedeutendes verbessert und voll befriedigt kehrten die Besucher heim."