Freundschaft: Polnische Pfeifenmacher bedanken sich bei Heiko Behrends

Der Blick bleibt unweigerlich hängen an diesem Stuhl: Feingeschliffene Sitzfläche mit Intarsien verziert, dicke Äste als Beine, wie eben noch am Baum gewachsen. Eigentlich eher ein Sessel - fast schon ein Thron. Das massive Holz scheint den Raumduft aus Vanille, Honig und vollreifen Äpfeln bereits für alle Zeit gespeichert haben. Heiko Behrens ist es gewohnt, die Geschichte des ungewöhnlichen Sitzmöbels zu erzählen, das seit Kurzem im Verkaufsraum der Firma Dan Tobacco steht und eine lange Reise hinter sich hat: vom polnischen Przemysl bis nach Lauenburg.

"Versuchen Sie erst gar nicht, den Namen der Stadt richtig auszusprechen", sagt Heiko Behrens. Ihm gelänge es nach 25 Jahren noch nicht, die typischen Zischlaute der polnischen Sprache über die Lippen zu bringen. Warum auch? Pfeiferaucher verstünden sich auf andere Weise - ein besonderer Menschenschlag eben. Und wer Pfeifen gar produziert, liege sowieso auf einer Wellenlänge. "Kurz nach der Grenzöffnung hatte ich erfahren, dass es in der polnischen Stadt an der ukrainischen Grenze zwölf Familienbetriebe gibt, die Pfeifen produzieren. Das hat mich neugierig gemacht", erinnert sich Behrens. Wie passten genüsslich schmauchende Raucher in den meist trostlosen sozialistischen Alltag? "Das Gegenteil war der Fall. Die Mangelwirtschaft hat Menschen näher zusammenrücken lassen. Man zelebrierte den Tabakgenuss mit großer Hingabe", hatte der Lauenburger Unternehmer bei seinem ersten Besuch in Przemysl erfahren. Freilich habe sich die Produktion der Pfeifen deutlich von der in Deutschland unterschieden: Statt des üblichen edlen Bruyèreholzes verwendeten die Polen damals vorwiegend heimische Hölzer wie Birke, Buche, Kirsche oder Eiche.

"Unsere polnischen Kollegen wollten nach der politischen Wende in ihrem Land alles über die westeuropäische Handwerkskunst der Pfeifenherstellung lernen. Was lag also näher, als sie für einen Woche in unsere Unternehmen einzuladen", erzählt Behrens, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Der Kontakt sei seitdem nie abgerissen.

"In all den Jahren habe ich mit großem Interesse verfolgt, wie rasant sich die polnische Pfeifenproduktion entwickelt hat. Inzwischen gibt es in Przemysl sogar ein weltbekanntes Pfeifenmuseum." Die kunstvoll gedrechselten Pfeifen würden inzwischen vor allem in den USA geschätzt, erzählt der 71-Jährige nicht ohne Stolz.

Vergessen haben die polnischen Handwerker aber offenbar nie, bei wem sie die ersten Schritte der hochwertigen Pfeifenproduktion gelernt haben. Heute sind sie mit ihren gefragten Qualitätsprodukten sogar auf internationalen Fachmessen vertreten - so wie kürzlich in Dortmund, der weltweit größten der Branche. "Meine polnischen Freunde hatten mich zuvor inständig gebeten, unbedingt ihren Stand zu besuchen." Gewundert habe er sich schon, warum sie sich so eigenartig verhielten. Als er sich dann dem polnischen Stand näherte, hatte er das Geschenk sofort gesehen. Urwüchsig massiv und zugleich fein gearbeitet ist dieser Stuhl. Wie ihre Freundschaft für die Ewigkeit gemacht, haben sie ihm gesagt. Ein bewegender Moment für den Unternehmer aus Lauenburg: "Mir wurden die Augen feucht", sagt er leise.