Kirchengemeinde gewährte einem Flüchtling aus dem Iran sechs Monate lang stilles Asyl

Es war eine Zeit des Wartens und Bangens. Ganz vorbei ist sie noch nicht, doch immerhin muss F. sich nicht mehr vor den Behörden verstecken. Der Flüchtling aus dem Iran hat eine Duldung bekommen. Sechs Monate lang lebte der 34-Jährige im vergangenen Jahr unter dem Schutz der Kirchengemeinde Lauenburg. Der Kirchengemeinderat gewährte ihm vom 1. Juni bis 19. November ein sogenanntes stilles Kirchenasyl. Das bedeutet: Der Flüchtling wird auf dem Kirchengelände untergebracht, ist so vor Abschiebung sicher. Nur die Helfer wissen davon, die Öffentlichkeit wird nicht informiert.

"Wir haben dabei an die Sicherheit von F. gedacht. Denn er war an den Wochenenden und abends auch allein im Haus", erklärt Pastor Philip Graffam, der Ende 2013 erster Ansprechpartner des Iraners war. F. besuchte regelmäßig die Gottesdienste in der Maria-Magdalenen-Kirche, erzählte, dass er sich schon seit vielen Jahren im Iran zum christlichen Glauben bekennen wollte. Als Synchronsprecher hatte er in seiner Heimat an einem christlichen Film mitgewirkt. "Das war verboten und ich wurde verfolgt", erzählt F. Sein voller Name soll nicht in der Zeitung stehen, denn er hat noch immer Angst: In der Heimat musste er Eltern und Geschwister zurücklassen.

Pastor Philip Graffam hatte F. nach vielen Gesprächen getauft. Als der Flüchtling von Nostorf aus nach Hamburg verlegt wurde, verlor man sich für einige Zeit aus den Augen. Doch im Frühjahr 2014 erhielt F. seine Abschiebung nach Italien. Alle Versuche, in Deutschland bleiben zu dürfen, scheiterten. Er bekam Depressionen, musste medizinisch behandelt werden, hatte Selbstmordgedanken. Am 12. Juni fasste der Kirchengemeinderat den Beschluss, F. Asyl zu gewähren - und die Helfer wurden aktiv. Peter Paulsen, früher jahrzehntelang Lehrer an der Weingartenschule, gab dem Schützling der Gemeinde Deutsch-Unterricht und lobt: "Er hat sehr gut und schnell gelernt."

Beate Paulsen kaufte Lebensmittel ein, auch die Familie Willers unterstützte das Kirchenasyl. Gemeindesekretärin Ulrike Wolter musste mehr als einmal mit Bildern aus dem Computer beim Dolmetschen helfen - und dabei wurde viel gelacht. "Einmal wollte F. Eulen zum Kochen haben. Er meinte aber Oil, also Öl", erzählt sie. Kursusleiterinnen der Evangelische Familienbildungstätte freuten sich, wenn F. beim Auslegen von Turnmatten für Kurse half.

Und Moiken Riel von der Schuldnerberatung der Diakonie spielte in ihrer Mittagspause regelmäßig "Mensch-ärgere-Dich-nicht" mit F. "Danke fürs viele Rauswerfen", sagte sie schmunzelnd beim Danke-Schön-Kaffeetrinken, zu dem die Pastoren eingeladen hatten. Mit dabei: Johanna, die neunjährige Tochter der Pastoren Inga Meißner und Till-Karnstädt-Meißner. "Sie ist für F. wie eine Schwester geworden", sagen die Eltern. "Hier habe ich eine zweite Familie gefunden. Vielen Dank für alles", sagt F., der mittlerweile in einem Flüchtlingsheim in Volksdorf wohnt und sich auf sein Asylverfahren vorbereitet. Gewissheit, ob er in Deutschland bleiben darf, wird er vielleicht erst in eineinhalb Jahren haben. Wieder eine Zeit des Wartens und Bangens.