Grundsicherung: Zahl der Fälle steigt

Die Not ist oft groß und die Scham ebenso: Viele Menschen, deren Rente nicht zum Leben reicht, scheuen davor zurück, um Hilfe zu bitten. Dabei ist die Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung schon seit 2003 verbrieftes Recht. Doch längst nicht jeder geht ins Sozialamt. So ergab eine repräsentative Befragung im Jahr 2007: Von gut einer Million Menschen ab 65 Jahren, denen damals Grundsicherung zustand, bezogen nur 340 000 tatsächlich Leistungen.

"Die Dunkelziffer ist hoch", vermutet auch Ulrike Hümpel vom Bürgerservice in Lauenburg. Mit ihrem Kollegen Matthias Ehlers ist sie unter anderem für die Grundsicherung zuständig. In Lauenburg gibt es zurzeit 184 Bedarfsgemeinschaften mit insgesamt 201 Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind. "Etwa zwei Drittel von ihnen sind Rentner, ein Drittel ist wegen Krankheit oder anderer Lebensumstände von Erwerbsminderung betroffen", erklärt Matthias Ehlers. Im Amt Lütau gibt es 17 Bedarfsgemeinschaften mit 18 Personen. Hier machen die Erwerbsgeminderten die Hälfte aus. "Senioren mit kleiner Rente werden auf dem Dorf eher von der Familie aufgefangen. Die ist in Lauenburg manchmal gar nicht vorhanden", sagt Ulrike Hümpel.

Immer wieder erleben die beiden Sachbearbeiter, wie schwer es Menschen fällt, einen Antrag auf Grundsicherung zu stellen. "Viele schämen sich, dabei sollte das niemand", sagt Matthias Ehlers. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Insolvenz: "Das kann jedem passieren", weiß Ulrike Hümpel. Große Lücken im Erwerbsleben sind meistens die Ursache für eine sehr niedrige Rente. Verstärkt kommen aber auch Selbstständige, die Schiffbruch erlitten und alles verloren haben. "Und die Niedriglöhne beginnen, sich niederzuschlagen", erklärt Ulrike Hümpel die stetig steigende Zahl der Fälle. So zählte sie im ersten Quartal 2006 noch 90 Bedarfsgemeinschaften. Innerhalb von acht Jahren hat sich diese Zahl also mehr als verdoppelt. "Und sie wird weiter steigen", sind sich die Sachbearbeiter sicher.

399 Euro Regelbedarf plus Kosten für Unterkunft und Heizung - das ist die Faustregel für die Grundsicherung. "Wer weniger hat, sollte auf jeden Fall zu uns kommen", rät Ulrike Hümpel. Und ihr Kollege beruhigt jene, die Angst haben, dass ihre Kinder zum Unterhalt herangezogen werden. "Bis zu einem Jahreseinkommen von 100 000 Euro müssen sie nicht zahlen." Manchmal gibt es auch andere Möglichkeiten, die finanzielle Not zu lindern - beispielsweise mit Wohngeld oder einer Befreiung vom GEZ-Beitrag. Matthias Ehlers: "Wir suchen nach einer Lösung."