Claire Walka hat einen Dokumentarfilm über das Hotel Bellevue gedreht - Festivalpremiere in Lübeck

Es wirkt wie aus der Zeit gefallen: Im Lauenburger Hotel Bellevue scheinen die Uhren langsamer zu gehen. Seit Jahrzehnten wird es von der Familie Timm geführt, und vieles ist seit den frühen 60er-Jahren nicht verändert und liebevoll renoviert worden. Die Regisseurin Claire Walka, im Jahr 2010 Stipendiatin im Künstlerhaus, hat einen Dokumentarfilm über das Kleinod gedreht. Der 25-minütige Streifen feiert am 31. Oktober Festivalpremiere: Dann wird er auf den Nordischen Filmtagen in Lübeck gezeigt. Lauenburger haben schon vorher Gelegenheit, ihn zu sehen: Der Heimatbund und Geschichtsverein zeigt "Hotel Bellevue" am Dienstag, 21. Oktober, um 19.30 Uhr - natürlich im Hotel Bellevue an der Blumenstraße.

Claire Walka nimmt ihre Zuschauer mit auf eine Zeitreise. Liebevoll hat sie Details wie die alte Telefonzelle (immer noch in Betrieb), Tapetenmuster, Fransenlampen, Cocktailsessel und Spitzendeckchen ins Bild gesetzt. Zu sehen ist auch die alte Registrierkasse, die schon als Leihrequisite im Kinofilm "Die Banklady" mitspielte.

Doch vor allem ist "Hotel Bellevue" ein Film über die Menschen, die es geprägt haben. Martina Timm, heute 70 Jahre alt, ist die Liebe zum Haus anzuhören. Sie kam als Flüchtling mit ihren Eltern aus Ostpreußen nach Lüneburg. 1957 übernahm die Familie das Hotel Bellevue in Lauenburg. Und schon bald kam Dieter Timm dazu - als Auszubildender. Alte Fotos dokumentieren eine Lebensgeschichte, in der das Hotel im Mittelpunkt stand. Rauschende Feste wurden dort gefeiert. "Die Stimmung war immer bombig", erzählt Martina Timms Schwester Anorte. Horst Eggert, Vorsitzender des Geschichtsvereins, erinnert sich noch gut an die legendären Tanztees im Hotel Bellevue. Und Hotelier Dieter Timm ist sich sicher, dass so manches Hochzeitspaar in seinem Haus erste zarte Bande knüpfte.

Doch Claire Walkas Film erzählt auch vom Wandel und der Schwierigkeit, Altes in die heutige Zeit zu retten. Früher kamen Busse voller hungriger Transitreisender, auch Prominente wie der Politiker Willy Brandt oder der Schauspieler Dieter Borsche fühlten sich in den einfachen Zimmern wohl. Doch nach der Eröffnung der neuen Transitstrecke A 24 im Jahr 1982 und nach der Grenzöffnung 1989 blieben immer mehr Gäste aus. Heute muss Thomas Timm, der das Hotel von seinen Eltern übernommen hat, wachsenden Ansprüchen gerecht werden. Behutsam hat der 42-Jährige mit seiner Frau Debora (33) Veränderungen vorgenommen, die zwölf Zimmer modernisiert, neue Stühle für den Speiseraum angeschafft. Auch eine moderne Küche wurde eingebaut - sehnlicher Wunsch von Debora Timm. Für ihre Schwiegermutter ein Schock, auch wenn sie akzeptiert, dass die junge Generation ihren eigenen Weg geht. "Ich wünsche mir eigentlich, dass alles so erhalten bleibt", sagt sie.

Debora, die aus Brasilien stammt, hat sich früher nicht träumen lassen, dass sie einmal ein Hotel führt. Nun wächst sie in den Familienbetrieb hinein. "Das ist nicht immer einfach. Ich muss auch etwas Eigenes behalten", sagt sie. Und auch die nächste Generation ist schon da: Caetano Timm, vier Jahre alt, bekommt bald ein Geschwisterchen.