Diplom-Ingenieur stellt Gutachten vor - Verein zieht positive Bilanz der Saison 2014

"Der 'Kaiser Wilhelm' ist wirklich etwas ganz Besonderes." Diese Liebeserklärung kommt vom Fachmann: Der Hamburger Diplom-Ingenieur Andreas Westphalen hat ein Gutachten über den 114 Jahre alten Raddampfer erstellt. Akribisch widmete er sich der Geschichte des Lauenburger Schmuckstücks, recherchierte in Archiven, bewertete die Technik und die Sanierungsmaßnahmen, die im Winter 2013/2014 auf der Hitzler-Werft vorgenommen wurden.

Heute sei das Schiff in einem deutlich besseren Zustand als vor einem Jahr, sagt Westphalen und hat viel Lob für die neue Mannschaft, die nach den internen Querelen 2013 das Ruder übernahm. "Meine Anerkennung für diese Leistung", sagt der Ingenieur. Jährlich sei er mit dem Raddampfer gefahren, jährlich habe er gedacht, es könne das letzte Mal sein.

Von Weihnachten 2013 bis April 2014 waren auf der Hitzler-Werft große Teile des "Kaiser Wilhelms" saniert worden. Möglich machten dies Fördermittel des Bundes in Höhe von 400 000 Euro, für die sich besonders der Lauenburger Bundestagsabgeordnete Norbert Brackmann (CDU) eingesetzt hatte. Sie konnten nur fließen, weil die Richtlinien geändert wurden. Sogar ins Haushaltsgesetz wurde der "Kaiser Wilhelm" geschrieben, damit das Geld wirklich in Lauenburg ankommt.

Das ist es. Und Andreas Westphalen bewertet die Sanierung im Großen und Ganzen als gelungen. "Im Mittelbereich, wo die größten Kräfte wirken, ist jetzt sehr viel geschehen." Dabei musste immer der Spagat zwischen heutigen Sicherheitsvorschriften und Denkmalschutz bewältigt werden. "Da tut einem manchmal schon das Herz weh, wenn die schöne alte Kombüse durch eine neue ersetzt werden muss", sagt Andreas Westphalen. Geblieben ist aber der alte Kohleherd, auf dem immer noch die Erbsensuppe für die Fahrgäste gekocht wird. "Man hätte noch mit mehr Liebe zum Detail sanieren können", so Westphalen. Bei seinen Recherchen war er auf viele solcher Details gestoßen, die zum Teil noch gar nicht bekannt waren. Zum Beispiel, dass der "Kaiser Wilhelm" früher ein abgesägtes Führerhaus besaß oder einen Suchscheinwerfer, weil er als Schlepper auch nachts unterwegs war. Auch auf den Original-Umbauplan von 1910 stieß der Ingenieur in einem Archiv: "Eine kleine Sensation und ein Dokument, an dem man bei künftigen Maßnahmen richtig ins Detail gehen kann."

Das ist natürlich eine Kostenfrage, weiß auch Dr. Dirk Jonkanski, Konservator im Landesamt für Denkmalpflege. "Einige Kröten haben wir geschluckt, ein Zugeständnis daran, dass dieses Schiff weiterhin in Betrieb ist", sagt er.

Große Zufriedenheit beim Verein zur Förderung des Elbschifffahrtsmuseums, der das 114 Jahre alte Dampfschiff betreibt: "Wir haben unsere Ziele für 2014 erreicht und blicken auf eine sehr gute Saison zurück", sagt der Vorsitzende Markus Reich. Noch nie ist der "Kaiser" so früh in die Saison gestartet. Schon zum "Kurs Elbe.Tag" am 27. April ging es los, ab Pfingsten war der Oldie jedes zweite Wochenende unterwegs. "Wir haben Touren gemacht, die wir seit Jahren nicht mehr machen konnten", sagt Reich, der auch als Kapitän im Einsatz ist. Bisher zählte seine Mannschaft in dieser Saison 3800 Gäste, zwei weitere Fahrtage (20. und 21. September) stehen noch bevor. Reich: "Die laufenden Kosten konnten gedeckt werden, und wir haben sogar ein Plus erwirtschaftet."

Die Aussichten sind gut - und das zeigt das Team auch mit dem Fahrplan 2015, der schon jetzt vorliegt - so früh wie noch nie. "Damit können wir verstärkt auf Reiseunternehmen zugehen", so Reich. "Berlin Express" habe die Fahrt mit dem "Kaiser Wilhelm" bereits ins feste Programm aufgenommen. Und Lauenburgs Oldtimer geht am 25. August 2015 auf große Fahrt: Dresden und zurück. "Wir werden 17 Tage unterwegs sein, das ist ein Traum", schwärmt Markus Reich. Logistisch auch eine Herausforderung, denn Kohle und Lebensmittel müssen unterwegs an Bord gebracht werden. Und das Patent des Kapitäns reicht nur bis Magdeburg - ein Kollege aus Dresden wird aushelfen. Fahrgäste können die gesamte Tour oder Teilstrecken buchen. Infos dazu gibt es ab Oktober unter www.elbschifffahrtsmuseum.de.