Interview: Bürgermeister Andreas Thiede über Stadtentwicklung, Flutschutz und sein Faible für China

Nachdem in Lauenburg jahrzehntelang eine Hiobsbotschaft die andere jagte, ist seit der Bürgermeisterwahl im Januar 2011 immer wieder von einer "Aufbruchstimmung" die Rede. Wunschgedanke oder Realität? Wir sprachen mit Bürgermeister Andreas Thiede über die ehrgeizigen Pläne für Lauenburgs Zukunft und darüber, warum bisher so wenig davon zu sehen ist.

Die Politik macht Sommerpause, wichtige Entscheidungen werden gerade nicht getroffen. Gibt's in dieser Zeit überhaupt etwas zu tun für den Bürgermeister?

Thiede: Der Terminkalender ist gerade sehr voll; tatsächlich habe ich meinen Urlaub nach drei Tagen abgebrochen, um mich wieder dringenden Aufgaben zu widmen. Wichtige Dinge dulden nun mal keinen Aufschub und außerdem ist es gut, dass sich etwas bewegt. Nehmen wir als Beispiel den Besuch des Bundeswirtschaftsministers. Die Chance, bei ihm Lauenburger Themen zu platzieren, darf man nicht versäumen.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ließ bei seinem Besuch in Lauenburg kaum Zweifel daran, dass er eine Übernahme der Kosten für den Hochwasserschutz durch den Bund ablehnt. Ist das von Bürgern und Experten gemeinsam erarbeitete Konzept für die Lauenburger Altstadt damit gestorben?

Das sehe ich nicht so. Wir prüfen derzeit die unterschiedlichsten Finanzierungsmöglichkeiten. Klar ist, dass auch Herr Gabriel von der Notwendigkeit eines effektiven Schutzes und im Übrigen auch von der durch die Bevölkerung favorisierten Lösung überzeugt scheint. Die Zuständigkeit für den Hochwasserschutz liegt bisher aber klar beim Land, was eine Finanzierung durch den Bund ausschließt. Gerade das muss meines Erachtens geändert werden. Die Hochwasserproblematik an der Elbe kann nur als nationale Aufgabe verstanden und länderübergreifend gelöst werden.

Seit Beginn Ihrer Amtszeit haben Sie sich die Innenstadtentwicklung auf die Fahnen geschrieben. Als die Pläne vor einem Jahr erstmals vorgestellt wurden, war für die einzelnen Vorhaben sogar von Terminen die Rede: Die Marktgalerie sollte 2015, das neue Hotel 2016 eröffnet werden. Der Fertigstellungstermin für den Edeka-Neubau war für dieses Jahr geplant. Warum sieht man von all dem noch nichts?

Ich habe immer gesagt, dass es nicht einfach sein wird und wir geduldig sein müssen. Auch mir geht es oft nicht schnell genug. Die Ausgangssituation war alles andere als leicht und bei extrem angespannter Haushaltslage agiert es sich auch denkbar schwer. Gleichwohl hat sich eine Menge getan und die angekündigten Dinge werden umgesetzt. Durch die Aufnahme in das Städtebauförderprogramm konnte die Stadt zwischenzeitlich den Großteil der Immobilien am Lütten Markt erwerben. Diese werden abgebrochen und durch den Neubau der Marktgalerie ersetzt. Hinzu kommen die Investitionen der Edeka, der Raiffeisenbank sowie der Hotelneubau. Für die moderne Wohnanlage auf der Fläche der ehemaligen City-Passage wurde bereits die Baugenehmigung erteilt. Nun kann es losgehen... Wichtig hierbei ist mir, dass die Bevölkerung bei der Planung dieser Vorhaben sehr stark mit eingebunden und deren Anregungen sehr ernst genommen wurden.

Ihr Faible für China ist bekannt. Am Mittwoch war Flughafen-Investor YongQiang Chen erneut Ihr Gast. Gestern traf eine Delegation aus Zhangjiagang in Lauenburg ein. Sind die seit Langem angedeuteten Investitionspläne der Chinesen für Lauenburg inzwischen greifbar?

Mittlerweile haben sich einige chinesische Unternehmen in unserer Stadt angesiedelt. Kooperationen mit der örtlichen Wirtschaft wurden hergestellt. Wenn sich alles weiter so positiv entwickelt, entstehen bald die ersten Betriebsgebäude in unserem neuen Gewerbegebiet nördlich von Famila. Ziele unserer Anstrengungen hierbei sind immer die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Erhöhung des Gewerbesteueraufkommens.

Im Januar 2011 entschieden Sie die Bürgermeisterwahl für sich mit einem Traumergebnis von 71,1 Prozent. Wenn nach diesem Sommerferien erneut gewählt werden würde, glauben Sie, dass Sie dieses Ergebnis wieder erreichen oder sogar toppen würden?

Es ist müßig, darüber zu spekulieren. Ich tue mein Bestes und mir bringt die Arbeit sehr viel Spaß. Sehr gerne würde ich noch möglichst lange viel für unsere Stadt erreichen. Das letzte Wort haben aber bereits in zwei Jahren die Wähler.