Erster Weltkrieg: Christian Boysen über seinen Fronteinsatz

"Es muss denn das Schwert entscheiden. Mitten im Frieden überfällt uns der Feind. Darum auf! Zu den Waffen! ... Wir werden uns wehren bis zum letzten Hauch von Mann und Ross" - Mit diesen Worten wandte sich Kaiser Wilhelm II. vor 100 Jahren an die Deutschen. Dem allgemeinen Jubel folgte bald Ernüchterung: Im ersten Weltkrieg starben fast 17 Millionen Menschen einen grausamen Tod, 20 Millionen Soldaten wurden verwundet. Ganze Landstriche wurden verwüstet, von Granaten zerklüftet, durch Giftgas verseucht.

Der Lauenburger Christian Boysen hat über seine Zeit an der Front Tagebuch geführt. Marlies Eggert vom Heimatbund und Geschichtsverein ist es zu verdanken, dass die Erlebnisse des damals 37-jährigen Lehrers Boysen den Leser noch heute berühren. Acht Wochen lang hat sie das Tagebuch sorgfältig übertragen.

"Daß ich jemals den Waffenrock tragen würde, habe ich bis 1914 nicht geglaubt, war ich doch 1901 in Sonderburg für d.u. (dienstuntauglich) - erklärt worden", so beginnen die Aufzeichnungen des vierfachen Familienvaters aus Lauenburg. Im Juni 2016 kam sein Einberufungsbefehl.

Wie viele Deutsche war Christian Boysen anfangs voller Patriotismus. Selbst, als seine Kameraden schon zu zweifeln begannen, notierte er in sein Tagebuch: "Unter den Kameraden auf der Stube herrscht eine starke Unzufriedenheit besonders gegen die Reichen in Deutschland, die sich auf Kosten anderer jetzt bereichern, die auf Kosten der Dummen sich ihre Taschen füllen, gegen die Offiziere, "die sich von dem, was wir haben sollten, dick und fett fressen, gegen das Essen, das ihnen nicht gut genug ist. Daß ich aus meiner gegenteiligen Ansicht kein Hehl mache, wird mir übel vermerkt ... Wenn doch bald Frieden wär, egal wer siegt. Siegen tut doch keiner - So und ähnlich klingt es immer wieder aus den Reihen der hungrigen Kameraden."

Aber auch Christian Boysen sieht den Krieg bald mit anderen Augen: Als seine Truppe in Avion (Frankreich) einfällt, notiert er in sein Tagebuch: "Stumm, mit verbissenen Zügen verließen die Einwohner ihre Heimat. Wohin? O, ich kann verstehen, mit welchem Ingrimm sie den Krieg verfluchen und die Deutschen, die sie nach ihrer Ansicht in dieses Unglück gestürzt haben."

Am 8. Dezember 1918 dann der letzte Eintrag: "Lauenburg, die Heimat. Wie freundlich und friedlich! Nun noch eine kurze Spanne Zeit. Ich schließe die Meinen in meine Arme. Ich bin daheim! Gott sei Dank! Ich bin kein Soldat mehr!"

Jens Boysen aus Darmstadt stellt das Original-Tagebuch seines Großvaters dem Lauenburger Stadtarchiv zur Verfügung.