Serie: Horst Eggert gärtnert auf 1700 Quadratmetern

Der kleine Sitzplatz unter dem Sommerflieder (Buddleja) ist die neueste Kreation von Horst Eggert. Einladend stehen zwei Stühle und ein Tisch auf weichen Holzschnitzeln. Genau richtig für den Vorgarten, in dem (fast) alles wachsen darf. "Das ist mein Naturgarten", sagt Horst Eggert. Auf 1700 Quadratmetern haben er und seine Frau Margit ein Paradies geschaffen, in dem es viel zu entdecken gibt.

Ein Hingucker im Vorgarten ist die Nachtkerze, die sich von allein aussät. "Die nennen wir Klock acht, weil die Blüten sich abends in wenigen Minuten öffnen", sagt Horst Eggert. Mit seinem Enkel hat er das Wunder schon gemeinsam bestaunt: "Opa, die bewegt sich ja." Hier wiegt auch das patagonische Eisenkraut (Verbena bonariensis) lila Blütendolden im Wind. "Meine Lieblingsblume. Auf der Expo in Hannover bildete sie ein Blütenmeer, das hat mich fasziniert", erzählt der Gärtner.

Sein Garagendach hat er zur Trockenwiese gestaltet. Zertrümmerte Dachpfannen, bei einem Hausabriss in der Nachbarschaft ergattert, darauf magere Erde, in der jetzt Zierlauch, Thymian, Grasnelken, Königskerze und Fingerhut blühen. An der warmen Hauswand gedeihen Feige und Kiwi. Im hinteren Garten führen schmale, mit Holzschnitzeln belegte Wege den Elbhang hinunter. "Der Garten hält mich fit", sagt Eggert, 78 Jahre alt. Mehrmals täglich geht es rauf und runter, manchmal mit der Schiebkarre, oft mit Blumentöpfen in der Hand. "Aber das ist für uns keine Arbeit, sondern Erholung", sagt der Gärtner. In seinem Teehaus, erbaut aus alten Fenstern, genießt er Elbblick und Ruhe.

Die braucht er manchmal, denn schon sein ganzes Leben lang ist er ehrenamtlich aktiv. Zehn Jahre lang war er Abteilungsleiter im Kreisturnverband, danach kam sein Engagement für den Heimatbund und Geschichtsverein. Zurzeit bereitet er den Tag des offenen Denkmals vor, seine Frau hat gerade ein handschriftliches Tagebuch aus dem Ersten Weltkrieg transkribiert. "Damit wir das alles bewältigen können, haben wir unser Paradies. Hier können wir eintauchen und Luft holen", sagt Horst Eggert.

Mitten in der Stadt, an der Friedrichsbrücke, lag der Bauernhof, den er 1945 von seinem Großvater übernahm. Doch 1964 verkauften die Eggerts den Hof, bauten ein neues Haus an der Straße Hinter der Münze. Drei Kinder haben sie hier großgezogen, zwei Söhne und eine Tochter. "Schlaraffenland haben sie zu dem Garten immer gesagt", erzählt Margit Eggert. Sie ist auf dem Weg in den Gemüsegarten - Salat ernten für das Mittagessen. "Wir sind praktisch Selbstversorger", sagt ihr Mann, der bis 1999 Abteilungsleiter im Kaufhaus Burgdorff war. Er zeigt Kartoffeln, Erbsen, Bohnen, Wurzeln, Zucchini und Kräuter, im selbst gebauten Gewächshaus Tomaten. "Und das Unkraut essen wir auch", so Eggert. Giersch und Löwenzahn sind willkommene Zutaten für Salate und Eintöpfe. Versteht sich von selbst, dass auch im Gemüsegarten Blumen blühen - eine Mariendistel hat sich ausgesät, Ringelblumen und Cosmeen leuchten.

Rasen gibt es hier nicht, aber eine Blumenwiese, die selten gemäht wird. Hier liegt auch das Phloxbeet. "Einmal haben mir Rehe alle Knospen abgefressen", erzählt der Gärtner. Jetzt hält ein Wildzaun die Eindringlinge fern. In zwei kleinen Teichen schwimmen Goldfische, gegenüber wachen über das Gartenglück Engel aus Holz - von Horst Eggert selbst gebaut. "Und damit es nicht so einseitig ist, habe ich noch den Beelzebub dazugestellt." Zum Naturgarten gehört eben auch ein Gleichgewicht der Kräfte.