Hochwasserhilfe: Karsten Neugebauer fällt durch alle Raster und steht vor dem wirtschaftlichen Ruin

Karsten Neugebauer hat die Fernsehbilder noch im Kopf: Hochrangige Politiker, die sich während der Flut im vergangenen Jahr gern vor Sandsack-Wällen filmen ließen. Und immer wieder ihr Versprechen: "Den Opfern der Flut wird schnell und unbürokratisch geholfen." Den Pächter der Lauenburger "Schifferbörse" hat das Hochwasser fast in den Ruin getrieben.

Was das Wasser in dem Gasthaus angerichtet hatte, zeigte sich erst ein halbes Jahr später. Lange Risse im Mauerwerk, dazu eine einsturzgefährdete Stützmauer auf der Elbseite - Neugebauer musste das Restaurant abschließen (wir berichteten). "Zwei Monate, dann öffnen wir wieder", hatte sich Karsten Neugebauer damals gedacht. Inzwischen sind acht Monate vergangen - ohne Einnahmen, aber mit laufenden Kosten.

Weil Karsten Neugebauer nicht Eigentümer der Immobilie ist, hat er keinen Anspruch auf die Aufbauhilfe von Bund und Ländern. Bei der Diakonie hatte er im Februar den Antrag gestellt, bei den laufenden Kosten aus Mitteln der "Katastrophenhilfe" unterstützt zu werden. Eine Antwort stand bis gestern aus. Seine Bearbeiterin sei schwanger geworden, habe man ihm erklärt.

Unterdessen läuft der Kredit für die Einrichtung der "Schifferbörse" weiter und auch das Finanzamt bucht regelmäßig die Steuervorauszahlung ab, trotz ausbleibender Einnahmen. Weil seine Ersparnisse irgendwann aufgebraucht waren, veranlasste das Finanzamt sogar eine kurzfristige Kontenpfändung.

"Ich könnte ja fast froh sein, dass mein Vermieter die Arbeiten im Haus so verschleppt, denn den dafür benötigten Strom bezahle ich auch" - Galgenhumor, was bleibe ihm auch sonst. Tatsächlich ist er auf seinen Vermieter gar nicht gut zu sprechen: "Zu Ostern hatte er mir gesagt, das Geld aus dem Wiederaufbaufonds sei da, es könne losgehen. Seitdem werde ich aber immer wieder vertröstet." Tatsächlich sind auf der Baustelle nur wenige Aktivitäten zu beobachten. Seit Monaten steht der grüne Baucontainer vor dem Haus. "Höchstens einmal in der Woche fährt ein Kleintransporter ohne Firmenaufschrift vor und lädt zwei bis drei Arbeiter aus, die wuseln dann vor sich hin", hat Neugebauer beobachtet. Während ähnlich stark geschädigte Häuser wie das "Alte Schifferhaus" längst wieder geöffnet haben, gleicht die "Schifferbörse" noch immer einem Trümmerfeld. Bereits im Mai dieses Jahres hatten auch wir Eigentümer Hinnerk Riedel gefragt, wann mit einem Abschluss der Arbeiten zu rechnen sei. Eine konkrete Antwort bekamen auch wir nicht. Gestern war Riedel für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Hat Karsten Neugebauer inzwischen nicht mal ans Aufgeben gedacht? Seine Antwort klingt paradox: "Das könnte ich mir gar nicht leisten." Die Erklärung liefert er gleich nach: Sobald er das Gewerbe abmelden würde, müsste er den laufenden Kredit in voller Höhe ableisten. "Außerdem habe ich mir mit der Schifferbörse vor sechs Jahren einen Traum erfüllt", sagt er und setzt seine Hoffnung auf einen positiven Bescheid von der Diakonie.

Ein Anruf unserer Zeitung bei Angela Poepping vom Lauenburger Fluthilfebüro bringt endlich Bewegung in die Sache. Zwar könne sie nicht direkt helfen, aber bei der Diakonie nach dem Bearbeitungsstand fragen. Nur einen Tag später hält Karsten Neugebauer den Bescheid in den Händen: Ein Anteil von 4000 Euro für eine neue Theke werden ihm erstattet. Von einer Unterstützung zur Begleichung der laufenden Kosten ist nicht die Rede. Die Hoffnung von Karsten Neugebauer zerplatzt wie eine Seifenblase, den Kampf um seine "Schifferbörse" will er dennoch nicht aufgeben.