Betroffenengemeinschaft Hochwasser gegen Eigenanteil und für vorgezogene Maßnahmen

"Die Zeit nach dem Hochwasser im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass unsere Interessen nicht ausreichend vertreten werden", sagt Gerd Poltz aus der Elbstraße. Er und weitere Anwohner haben deshalb die "Betroffenengemeinschaft Hochwasser" gegründet. Zunächst waren es nur eine Handvoll Initiatoren, jetzt haben knapp 90 Altstadtbewohner Interesse signalisiert, in dieser Initiative mitzuwirken.

Die Forderungen der Akteure sind eindeutig: Zunächst einmal müsse der im Raum stehende Eigenanteil der Bewohner bei künftigen Hochwasserschutzmaßnahmen vom Tisch. "Das wäre nicht nachvollziehbar, entweder die Altstadt ist ein Flächendenkmal, dann muss es durch die öffentliche Hand geschützt werden. Oder sie ist es nicht, dann soll man uns aber auch mit kleinlichen Auflagen verschonen", sagt Poltz. Er weiß, wovon er spricht: Weil er seine Gartenmauer als kleinen Hochwasserschutz um zwei Ziegelsteine erhöht habe, müsse er nun nicht nur einen Rückbau vornehmen, die Denkmalschutzbehörde drohe ihm sogar mit einem Bußgeld. "Das widerspricht sich doch", ärgert er sich.

Jörg Sönksen, der ebenfalls zu den Initiatoren der Betroffenengemeinschaft gehört, führt noch ein anderes Argument an: "Durch meine Arbeit im Fluthilfebüro weiß ich, dass viele Betroffene schon nicht wissen, wie sie den Eigenanteil für die Aufbauhilfe aufbringen sollen. Sollten sie jetzt auch noch für den Hochwasserschutz zur Kasse gebeten zu werden, ist die Umsetzung des Konzeptes zum Scheitern verurteilt."

Aber die Betroffenengemeinschaft hat noch weitere Ziele auf der Agenda. "Bis das Hochwasserschutzkonzept umgesetzt ist, werden noch Jahrzehnte vergehen. Die nächste Jahrhundertflut kommt mit Sicherheit früher", sind Poltz und Sönksen überzeugt. Deshalb müssten dringende Einzelmaßnahmen aus dem Gesamtkonzept unbedingt vorgezogen werden. Dazu gehöre unter anderem, dass die Stromversorgung in der Unterstadt kurzfristig auf ein hochwassersicheres Niveau gebracht werde. Außerdem müsse die Kanalisation von der Oberstadt getrennt werden. "Es kann nicht sein, dass schon bei jedem Starkregen das Regenwasser bei uns hier unten überläuft", sagt Poltz.

Dass die Kanalisation der neuralgische Punkt bei Hochwassersituationen in der Unterstadt ist, haben übrigens die jeweiligen Dokumentationen der Flutereignisse der letzten Jahre übereinstimmend bestätigt. Das Argument der Versorgungsbetriebe, daran erst etwas zu ändern, wenn der komplexe Hochwasserschutz in Angriff genommen wird, will die Betroffenengemeinschaft nicht gelten lassen. "Wir haben doch jetzt einen von Experten favorisierten Ansatz, auf dieser Grundlage können die Arbeiten am Kanalsystem doch vorgenommen werden", so die Forderung.

Bürgermeister Andreas Thiede sieht in der Initiative der Anwohner eine Rückendeckung für die Stadt bei der Forderung nach einem wirksamen Hochwasserschutz für die Altstadt. Er teilt deshalb auch den Grundgedanken der Initiatoren: "Je größer der Kreis wird, der in einem Namen spricht, desto eher hört uns jemand zu."

* Hinweise oder der Wunsch nach Mitarbeit in der der Initiative können unter betroffenengemeinschaft.hochwasser@web.de mitgeteilt werden.