Chronik der Flut in der Maria-Magdalenen-Kirche

"Ich war gerade im Schloss Ahrensburg und hielt einen Vortrag, als ich eine Mail bekam, dass die Flut über zehn Meter steigen würde", erinnert sich Gerold Ahrends, Anwohner der Elbstraße. "Jeder in der Elbstraße kennt die Höhe seiner Türschwelle. Meine ist bei 9,80 Meter. Mein Haus würde überschwemmt werden. Ich fuhr sofort nach Lauenburg. In der Nacht vom 9. zum 10. Juni wurden wir evakuiert", erzählt er, während er mit seinem Sohn Paul die "Chronik der Flut" betrachtet. Die Wohnung der Familie blieb verschont, der Pegel erreichte 9,64 Meter. Aber das Lager ihrer Restaurationswerkstatt lief voll.

Die Chronik der Flut, die im Herbst 2013 entstand und schon im Elbschifffahrtsmuseum zu sehen war, ist noch bis 5. Oktober in der Maria-Magdalenen-Kirche am Kirchplatz zu betrachten. Die Ausstellung "Zwei Wochen im Sommer - Chronik einer Flut" wurde am Pfingstmontag, dem Jahrestag der Evakuierung, mit einer Andacht eröffnet. Sie zeigt auf 16 Tafeln Fotos, Zeichnungen, Tagebucheintragungen und Berichte, die chronologisch erfasst wurden. Die täglich herausgegebenen amtlichen Bekanntmachungen runden die Eindrücke ab.

Wer von Tafel zu Tafel geht, kann sich ein immer deutlicheres Bild von der Angst, dem Schmerz, der Hilflosigkeit, aber auch dem Zusammenhalt und dem Mut der Betroffenen machen. Viele Anwohner erzählen in der Chronik, wie ihnen zumute war, als sie das Nötigste einpackten, sich nicht mehr selbst helfen durften und die Häuser zurücklassen mussten. "...die Würde im freien Fall. Katastrophal" , schrieb ein Anwohner in seinem Gedicht.

"Die Nacht der Evakuierung war für viele das schlimmste Ereignis der Flut", sagte Pastor Till Karnstädt-Meißner während der Andacht, an der 15 Lauenburger teilnahmen. Sie lasen Texte vor, beteten und sangen.

Nach der Andacht lud Pastor Karnstädt-Meißner zum Grillen ein. Die Anwesenden schmunzelten, denn nach der Evakuierung war das "Grillen beim Pastor" eingeführt worden. Es war das Codewort, um durch die Polizeikontrolle vorbei in die Altstadt bis zum Pastorat gehen zu dürfen und dem eigenen Haus wenigstens ein bisschen näher zu sein. "Wir grillten tatsächlich, meistens kamen zehn bis 20 Anwohner", so der Pastor.

In der Ausstellung gibt es dazu eine Zeichnung von Pastorin Inga Meißner, die eine Anekdote erzählt. Eine Frau, die von den Grillabenden gar nichts wusste, wollte in die gesperrte Altstadt: "Ich würde gern runter gehen, bitte!" "Aber nur, wenn sie zum Grillen beim Pastor wollen", war die Antwort der Polizistin. "Wenn sie mich so fragen, dann will ich wohl zum Grillen beim Pastor", antwortete die Anwohnerin - und durfte passieren.