Streitschlichter: Wenn es Zoff auf dem Schulhof gibt, klären das die Kinder uf Augenhöhe

Streit um einen Ball, Zoff mit dem Banknachbarn oder der erste Liebeskummer - die kleinen Streitschlichter der Weingartenschule nehmen jedes Problem ihrer Altersgefährten ernst und versuchen zu schlichten. Meist geben sich die Streithähne schon nach dem ersten Gespräch wieder die Hand.

In solchen Momenten ist Schulsozialarbeiter Christian Knaack immer wieder stolz auf seine Truppe. Weil sich die gute Arbeit der Streitschlichter bis zu den Versorgungsbetrieben Elbe herumgesprochen hat, gab's gestern eine Überraschung: Vertriebschefin Martina Venz hatte einen Stapel Freikarten für das Lauenburger Freibad mitgebracht. Zehn Mal umsonst baden und dazu noch ein Eis, Martina Venz meint, dass sich die Streitschlichter dies wirklich verdient hätten. Schließlich sei so manche freie Stunde dabei draufgegangen, in Rollenspielen und Gesprächen immer wieder zu üben, wie man Konflikte beilegen kann.

Wenn der zehnjährige Mustafa gefragt wird, was ihn in seiner einjährigen Zeit als Streitschlichter besonders geärgert hat, muss er nicht lange überlegen: "Wenn sich Schüler zur Sprechstunde im Streitschlichterbüro anmelden und dann einfach nicht kommen." Schließlich wird jedes Gespräch gut vorbereitet: Die Gefühlskarten liegen auf ihrem Platz, die Protokoll-Formulare ebenfalls und die Verträge für die Streithähne sind vorbereitet. "Das ist wichtig. Schließlich sollen sich die Kinder daran halten, was wir hier besprochen haben", sagt Mustafa. Melike Barcin arbeitet bei ihren Gesprächen mit ihren Altersgefährten am liebsten mit den Gefühlskarten. Jedes Kind zeigt so an, wie es sich in der Streitsituation gefühlt hat. Es gibt Karten für Wut, Traurigkeit oder Angst. Melike erklärt, warum das wichtig ist: "Wenn mir ein Junge meinen Ball wegnimmt, macht mich das wütend und traurig. Das weiß der Junge aber nur, wenn ich ihm das sage, statt ihn dafür zu boxen." Und das hilft? "Meistens ja. Vielleicht können wir ja dann zusammen spielen. Eigentlich hat kein Kind gern Ärger", weiß Melike.

Christian Knaack ist überzeugt von dem Streitschlichter-Projekt. Die Viertklässler sind gerade dabei, ihre Erfahrungen an die dritten Klassen weiterzugeben. "Sie üben in Rollenspielen mit ihren künftigen Nachfolgern. Ich höre dabei oft meine eigenen Worte", schmunzelt er. Vom Lehrer-Team habe er überwiegend positive Rückmeldungen erhalten: Kinder schlichten Streitigkeiten ihrer Altergefährten auf Augenhöhe. Eine Frage bleibt zum Schluss: Wie war das eigentlich mit dem Liebeskummer, um den sich die Streitschlichter kümmern mussten? "Ein Mädchen war genervt, dass ein Junge aus ihrer Klasse immer blöde Bemerkungen machte, wenn sie was sagte. Uns hat er dann erzählt, dass er seine Mitschülerin sehr mag, sie ihn aber nicht", erzählt Mustafa. Um welchen Jungen es sich dabei handelte, verrät er nicht: Streitschlichter müssen verschwiegen sein.