Großer Sandberg: Anwohner haben genug von den Rasern

Im Sekundentakt donnern die Autos zur Feierabendzeit über den Großen Sandberg in die Altstadt hinab. Wer jetzt zu Fuß auf dem Gehweg unterwegs ist, den beschleicht ein mulmiges Gefühl: Aus der engen Kurve schießt die Fahrzeugkolonne hervor - an die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung von 20 Stundenkilometern hält sich hier fast niemand. Den Bewohnern der 20 Häuser an der schmalen Straße reicht's: Sie haben Bürgervorsteher Bernd Dittmer jetzt einen Katalog mit Vorschlägen übergeben, die Abhilfe schaffen sollen.

Im gepflegten Garten von Henry Zerfowsk treffen sich die Nachbarn. Was auf den ersten Blick wie eine urige Grillparty aussieht, ist eher eine Krisensitzung: Der dreijährige Nico ist vor ein paar Tagen am Rande des Gehwegs beinahe überfahren worden. Nur weil sein Vater dem Raser geistesgegenwärtig einen Fußabtreter vor die Windschutzscheibe warf, machte dieser gerade noch rechtzeitig eine Vollbremsung. Die Mutter des Kleinen, Katrin Wesemann, ist mit ihren Nerven am Ende: "Niemand kontrolliert die Geschwindigkeit. Wir scheinen hier im rechtsfreien Raum zu leben", sagt sie.

Tatsächlich könnte man den Eindruck haben, als wäre der Große Sandberg Lauenburgs ungeliebtes Stiefkind: Über dem alten Kopfsteinpflaster liegt ein löchriger Flickenteppich aus Teer. Riesige Schlaglöcher machen die Straße zur Buckelpiste. "Ich wohne seit 24 Jahren hier", seitdem ist der Zustand der Straße so", sagt Henry Zerfowsk.

Die Anwohner sollen eine Sanierungsumlage zahlen

Im März dieses Jahres gab's die nächste bittere Pille zu schlucken: Weil der Große Sandberg im Sanierungsgebiet der Stadt Lauenburg liegt, sollen auch die Anwohner des Großen Sandbergs für die Wertsteigerung ihrer Grundstücke einen Ausgleichsbetrag zahlen. "Das ist blanke Ironie. Wenn das Stadtzentrum attraktiver wird, kommen noch mehr Menschen nach Lauenburg und nehmen die Abkürzung über unsere Straße. Von einer Wertsteigerung kann dann wohl keine Rede sein", sagt Thomas Günther. Natürlich würden sie sich alle über die geplanten Maßnahmen im Stadtzentrum freuen, aber dann dürfe auch ihre Straße nicht länger Lauenburgs gefährlichste Rennpiste bleiben.

Die Anwohner haben bewusst "Veränderungswünsche" statt "Forderungen" über die Liste geschrieben, die sie Bürgervorsteher Bernd Dittmer vor ein paar Tagen übergeben haben. "Wir wollen konstruktiv mitarbeiten, eine Lösung zu finden und die Stadt mit ins Boot nehmen", sagt Rathna Günther. Wichtigstes Anliegen der Anwohner: Die Polizei müsse regelmäßig Geschwindigkeitskontrollen vornehmen. Außerdem sollten die Autofahrer durch das Setzen von Pollern gezwungen werden, im Slalom durch die Straße zu fahren, was die Geschwindigkeit erheblich drosseln würde. Auch eine Sackgassen-Lösung sei denkbar.

Die Stadt habe ihrerseits bereits den Vorschlag gemacht, den Großen Sandberg von der B 5 abzutrennen, um die Autofahrer am Abkürzen ihrer Fahrt zu hindern. Das kam bei den Bewohnern gar nicht gut an: "Wenn das passiert, fahren die Autos durch den Fürstengarten oder die Krügerstraße. Wir wollen keine Lösung auf Kosten von bisher nicht betroffenen Lauenburgern", sind sich die Sandberg-Anwohner einig.