Alte Ziegelei: 250 Schaulustige sehen den Schornstein fallen

Zwei kurze Töne aus dem Signalhorn, dann drei Sekunden für das Aufziehen der Zündspule, ein Knopfdruck - und Rumms, da war der 65 Meter hohe Schornstein der ehemaligen Buchhorster Ziegelei Geschichte. Krachend stürzte der Koloss zu Boden, ließ die Erde vibrieren und Staub aufsteigen. Als sich die Staubwolke Augenblicke später verzogen hatte, war Sprengmeister Christoph Halter zufrieden. Der Schornstein lag in seinen Einzelteilen wie gewünscht am Boden.

Damit hat Buchhorst sein Wahrzeichen verloren. Seit Jahrzehnten prägte der aus roten Ziegeln gemauerte Schornstein den Ort. Doch nachdem die Ziegelei den Betrieb 2002 eingestellt hatte, fand sich kein anderer Nutzer für das Gelände, der den Schornstein noch gebraucht hätte. Pläne eines Investors, ein Holzkraftwerk für 30 Millionen Euro aus dem Boden zu stampfen, verliefen 2009 im Sand. Jetzt gehört das sieben Hektar große Areal dem Unternehmer Timo Gollnow. "Den Schornstein benötige ich nicht mehr", sagt er.

Deshalb rückten am Sonnabend Christoph Halter und sein Kollege Hans-Jürgen Müller an. Halter hatte 2011 spektakulär die Deutschlandhalle in Berlin gesprengt. Jetzt machte er sich mit 6,4 Kilogramm "Super Gel 30"-Sprengstoff in Buchhorst ans Werk. In 31 Bohrlöchern im Sockel des Schornsteins verpresste er den Sprengstoff. Zwei Fallschlitze gaben nicht nur Aufschluss über die Materialdicke von gut einem halben Meter, sondern ließen den Schornstein über diese "Sollbruchstelle" auch in die gewünschte Richtung kippen. Es hatte Wochen gedauert, den imposante Schornstein der Ziegelei zu mauern - und nur Sekunden, dann lag er platt am Boden.

Etwa 250 Schaulustige verfolgten das Spektakel, Gollnow hatte sogar einen Bierwagen aufgefahren. Polizei und Feuerwehr sperrten die Dorfstraße am Sonnabend gegen 12 Uhr für die Sprengung ab. Am Absperrposten stand auch der Lauenburger Polizist Sven Tonn. Er hat an den Schornstein ganz besondere Erinnerungen: Am 31. Januar 2008 war er auf dessen Spitze geklettert und hatte einen Mann, der sich in die Tiefe stürzen wollte, davon abgehalten. "Ich fürchte, ich würde so etwas wieder tun", sagte Tonn am Sonnabend. Doch dazu kommt es jetzt - zumindest in Buchhorst - nicht mehr.

Etwa 500 Tonnen Schutt müssen abgefahren werden, ehe alle Trümmer des Schornsteins beseitigt sind. Gollnow verlegt seinen Firmensitz aus der Industriestraße in Lauenburg nach Buchhorst und will auch noch Hallenflächen vermieten.