Brandstiftungen: Geständnis bewahrt Zündler Jörg K. (44) vor höherer Strafe

Das Spezialeinsatzkommando der Polizei holte ihn aus dem Bett, er wurde mehrfach überprüft und merkte, dass er unter Beobachtung stand, er war in psychiatrischer Behandlung und dennoch - Jörg K. ließ das Zündeln nicht. Er versetzte seine Nachbarschaft am Büchsenschinken und Teile der Oberstadt in Angst und Schrecken. Damit ist jetzt Schluss. Gestern verurteilte das Schöffengericht unter Vorsitz von Suntke Aden den Lauenburger, der am Montag 45 Jahre alt wird, zu 22 Monaten Haft und der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.

Sein Treiben fand bereits am 29. Juli ein Ende. Damals war er - nur in Unterhose und T-Shirt - über den Gartenzaun gesprungen, hatte an zwei Stellen in Spalten der Holzverbretterung des Gartenhauses seines Nachbarn Zeitungspapier gesteckt und dieses angezündet. Dabei wurde er von Polizisten auf frischer Tat beobachtet. Es klickten die Handschellen. Jörg K. pustete 3,01 Promille Atemalkohol. Bei den Kontrollen in der Zeit davor lagen seine Promillewerte stets zwischen zwei und drei. Die Staatsanwaltschaft beantragte die Zwangseinweisung zum Entzug und bekam Recht. Gestern nun der Prozess.

Auf dem Tisch des Staatsanwaltes türmen sich 33 Akten. Jede einzelne Akte für ein Feuer in Lauenburg, bei dem Jörg K. als Verursacher in Verdacht stand. Konkret angeklagt wurde er allerdings nur wegen sieben Taten zwischen dem 21. April und 29. Juli 2013.

In Handschellen wird der 44-Jährige in den Gerichtssaal geführt, nimmt neben seinem Verteidiger auf der Anklagebank Platz. Er gibt an, sich an die erste Tat (ein brennender Müllcontainer am Glüsinger Weg) nicht mehr erinnern zu können, zur dritten Tat (ein brennendes Auto am Moorring) möchte er nichts sagen. Die vier Zeugen, die das Gericht geladen hatte, mussten alle absagen. Kur, Urlaub, Spezialausbildung. Aden fragt Jörg K. immer wieder nach dessen Beweggründen für die Brandstiftungen und Sachbeschädigungen, möchte wissen, was der Lauenburger dabei gefühlt hatte. Seine Antworten wirken wie einstudiert. Ein Psychiater, der den 44-Jährigen im Auftrag der Staatsanwaltschaft begutachtet hatte, bescheinigt ihm eine selbstunsichere Persönlichkeitsstörung, stellte aber keine Einschränkung der Einsichtsfähigkeit fest.

Es wird klar: wenn die Zeugen bei einem Fortsetzungstermin gehört werden, droht eine empfindliche Haftstrafe. Während einer Sitzungsunterbrechung führen das Gericht, der Staatsanwalt und der Verteidiger ein Rechtsgespräch und schließen einen Deal: Maximal zwei Jahre Gefängnis gegen ein glaubhaftes Geständnis. Das liefert K. schließlich überraschend.

Ausgelöst wohl durch Ärger mit Nachbarn, Freunde, die ihn warten ließen, oder einfach nur falsch interpretierte Worte, griff Jörg K. zum Feuerzeug. Meistens völlig betrunken. Alkohol wurde für ihn zur Sucht, als er erst bei einem großen Maschinenbauer in Schwarzenbek gegen 40 000 Euro Abfindung seinen Arbeitsplatz verlor und 2011 sein Vater starb. Sechs bis acht 0,5-Liter-Flaschen Bier und zwei Drittel aus einer Wodka-Flasche waren sein durchschnittlicher "Verbrauch" pro Tag. So enthemmt ging er zündeln und verbreitete Panik in der Bevölkerung. Selbst als die Feuerwehrleute im Juni unermüdlich gegen die Flut der Elbe kämpften, legte Jörg K. in der Oberstadt seelenruhig seine Brände und sorgte so für Gefahr.

"Als Ärger empfundene negative Emotionen können eine Bedeutung bekommen, die im wahrsten Sinne des Wortes den Funken überspringen lassen", sagt der Psychiater über den Gemütszustand des Angeklagten. Dieses negative Verhalten von Jörg K. soll - abstinent von jedem Tropfen Alkohol - in der geschlossenen Entziehungsanstalt therapiert werden. Danach muss er seine 22-monatige Gefängnisstrafe antreten.